Das Klassik-Prisma |
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Bernd Stremmel |
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Till Eulenspiegels lustige Streiche
Sinfonische Dichtung, nach alter
Schelmenweise in Rondoform op. 28
Im Till Eulenspiegel von Richard Strauss begegnet uns ein
Werk von hoher Originalität, großer Einfallskraft, Konzentration und
musikalischer Dichte, es überragt die bisher geschaffenen Tondichtungen des
Meisters um einiges. Die Orchesterbesetzung ist erweitert auf vierfaches Holz
(incl. kleine Flöte, Englischhorn, D-Klarinette, Bassklarinette und
Kontrafagott), 4 (teilweise 8) Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen und Tuba. Die
Anforderungen an die Spieler sind enorm und gegenüber seinen bisherigen
Orchesterwerken noch gesteigert, z.B. bei den Hörnern, denen schnelle
chromatische Passagen in hoher Lage abverlangt werden. Ein Orchester ohne
Spitzenkräfte an den Pulten ist kaum in der Lage das Werk adäquat vorzustellen.
So kann es nicht verwundern, dass unter den hier verglichenen Aufnahmen viele
als hochwertig einzustufen sind und kein ausgesprochener Flop anzutreffen ist.
Dass der Till auch eine großartige Orchester-Show ist, zeigen nicht zuletzt
auch die so verschiedenartigen Aufnahmen Szells,
Dohnanyis, Karajans, Maazels. Bernstein, stellenweise Erich Kleiber scheinen in
Anlehnung an Tills Späße eine derbere Gangart dem Werk angemessen, andere
Dirigenten versuchen dem Hörer das Stück zu erzählen, Krips,
oder Swarowsky. Überraschend für mich ist die
erstaunliche Klangqualität bereits um 1930 zu Schellackzeiten
sowie in den frühen 1950ern (Fricsay, Karajan-POL).
Hier
noch ein paar Hinweise für Leser mit Partitur, sie dienen einem besseren
Verständnis von Strauss‘ Absichten:
-
Das
1. Hornthema (T.6-11) ist langsamer zu spielen als seine Wiederholung
(T.14-19).
-
Beim
geheimnisvollen Abschnitt von T. 111 zu T. 133 werden viele Dirigenten nervös
oder sie besitzen nicht die Ruhe innerhalb dieser quirligen Musik. Wie ist es anders zu erklären, dass bei sehr
vielen Aufnahmen Notenwerte verkürzt und Instrumente, vor allem die Celli und
Kontrabässe, zu früh einsetzen? Unbedingt ist auch noch auf die Spielanweisung grazioso für die Sechzehntel-Noten der
Bässe, Flöte und der 1. Violine hinzuweisen. Leider wird dieses Hin- und Hertändeln Tills kaum dargestellt.
-
Virtuose
Hornpassagen (T.139-151) sollten nicht von Streichern verdeckt werden, Strauss lässt an diesen Stellen die Trompeten schweigen! In
den Takten 150/51 lässt er die drei Trompeten zwei Schläge lang schnelle Zweiunddreißgstel spielen. Dieser Flatterzungeneffekt wird
nur von ganz wenigen Dirigenten herausgestellt.
-
In
Takt 194 schreibt Strauss für die Basstuba
einen gebrochenen aufsteigenden B-Dur Dreiklang, sehr kurz, Sechzehntel-Triole
und Achtel; fast alle Dirigenten verstärken die Tuba mit Kontrabässen
(pizzicato). Der Effekt ist nun, dass man die Tuba nicht mehr hört, außer bei
Furtwängler-Turin.
-
In
den Takten 245-252 schreibt der Komponist
p oder sogar pp vor, plötzlich
ertönt in Takt 253 ein lauter Paukenschlag verstärkt durch 3 Posaunen und Tuba.
Bei dieser Stelle, „wütend“ schreibt Strauss, schlägt die bisherige Stimmung plötzlich
um, die Musik wird lauter und lebhafter. Leider lassen viele Dirigenten über
diese Stelle hinweg spielen, wodurch der Witz verloren geht. Bei Jochum ist
hier die Hölle los, aber auch Albrecht, Dorati, Zinman,
Furtwängler-Turin, Horenstein und Abbafo-BP
haben das richtige Gespür für diese dramatische Stelle.
-
Auf
dem Höhepunkt, wenn das ganze Orchester sich ausgetobt hat (T. 287-290),
schmettern alle vier Hörner unisono die ersten fünf Noten des Till-Themas, der
letzte Ton wird dann ff vom
Englischhorn übernommen. Ein ff in diesem
Instrument klingt mickrig, ist bei weitem nicht so laut wie das der Waldhörner,
aber man kann den Ton gut hören, da alle anderen Instrumente für einen
Augenblick schweigen. Leider widmen nur wenige Dirigenten dieser Stelle ihre
Aufmerksamkeit und lassen das Englischhorn in seiner Weise laut vernehmen:
Maazel, Keilberth, Furtwängler-WPh,
Dohnanyi, Ashkenazy, Dorati, Keilberth, Maazel, Berglund, Blomstedt-SF, Cambreling, Abbado-LSO, Honeck, Keilberth, Sawallisch und
Roth. Bei anderen erklingt es leiser oder gar nicht.
-
Nach
dem kurzen Gassenhauer T.374-385 (Tempoangabe leichtfertig), wird die Musik ruhiger, man liest jedoch in der
Partitur kein langsamer, in T.393
stattdessen schnell und schattenhaft.
Diese Anweisung wird kaum beachtet. Albrecht, Markevich,
Fricsay, Haitink, Dorati-55, Abbado-BP und Roth bleiben im vorherigen Tempo und
verlangsamen den Fluss der Musik erst bei dem ersten Oboen-Solo T. 403, alle
anderen bereits bei T. 393. Dann wirkt die folgende Stelle (T. 410 ff.)
schneller, Strauss schreibt aber etwas gemächlicher in die Partitur.
-
In
der Gerichtsszene (T. 575 ff.) wird die Situation für Till, dargestellt von der
D-Klarinette, immer prekärer, zweimal spielt sie das Till-Motiv, drohend
umrahmt von ganztaktigen Akkorden von tiefen Bläsern und Streichern. Beim
dritten Mal muss der Klarinettenspieler das kurze
Motiv eine Oktave höher intonieren (Partitur: entstellt). Entstellt, grotesk hört man es lediglich bei Bychkov, Albrecht, Zinman, Roth,
Solti-BP, Blomstedt-SF, Maazel-Clev. Maazel-BR und Krips.
-
Zuletzt
noch ein Hinweis auf Tills Hinrichtung: Beim Zuziehen des Stranges (T.617/18)
steht bei den hohen Flöten zwischen den beiden Tönen a und g ein
Crescendo-Zeichen, also lauter-werdend zu spielen, wenn der Strang die Luft
abdrückt. Fast alle Dirigenten übersehen dies und lassen die Flöten erst leise,
danach laut spielen. Nur Kempe, Keilberth, Krips, Berglund und Jansons-COA
verwirklichen Strauss‘ Absicht.
Der Hörer kann sich
die Frage stellen, ob er all die instrumentalen und artikulatorischen Finessen aus der Aufnahme hören muss, ohne
das die „Satisfaction“, wie Mozart einst bemerkte,
darunter leidet. Ja und nein, Straussens Sinfonische
Dichtung ist musikalisch so stark, dass sie auch ohne diese „Gewürze“ auskommen
kann.
Lorin
Maazel |
Cleveland
Orchestra |
CBS Sony |
1979 |
15‘43 |
5 |
höchst
virtuose, aber dem Werk dienende Interpretation; mit mehr Nachdruck als bei
POL, jedoch nicht ganz so locker, noch bessere Transparenz; kleine Trommel T.
573 ff. tatsächlich „dumpf“ |
Lorin
Maazel |
Philharmonia Orchestra London |
EMI |
P 1974 |
14‘57 |
5 |
Till
von Anfang an ein Draufgänger, Orchesterfinessen auf Silbertablett
präsentiert |
Lorin
Maazel |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks |
RCA |
1996 |
15‘42 |
5 |
ein
wenig gemäßigter |
Christoph
von Dohnanyi |
Cleveland
Orchestra |
Decca |
1991 |
15‘00 |
5 |
Dohnanyi
knüpft an Szell an, jedoch besserer Klang - prächtige Hörner in Bestform
präsentiert, fabelhaft |
Fritz
Reiner |
Wiener
Philharmoniker |
Decca RCA |
1956 |
14‘45 |
5 |
plastisch,
durchsichtig bis zum 3. Fagott, saftig |
George
Szell |
Cleveland
Orchestra |
Sony |
1957 |
14‘15 |
5 |
äußerst
differenziert und genau, an bestimmten Stellen sehr drastisch, völlig
durchsichtig zum Mitlesen, bis auf das Äußerste gespannt, alles leicht und
locker |
Pierre
Monteux |
Boston
Symphony Orchestra |
M&A |
1960 |
13‘54 |
5 |
live,
stellenweise drastisch zugespitzt, bedrohlich, Trompete oft weit vorn |
Fritz
Busch |
BBC Symphony Orchestra |
EMI |
1934 |
13‘52 |
5 |
durchsichtig,
junger Till |
Richard
Strauss |
Wiener
Philharmoniker |
DGG Berlin
Classics |
1944 |
15‘20 |
5 |
Strauss als 80jähriger: erstaunlich |
Gerd
Albrecht |
Wiener
Symphoniker |
Koch |
P 2001 |
14‘49 |
5 |
Dramaturgie
des Stückes herausgearbeitet, Klang sehr gut aufgefächert, Blick immer auch
auf Details, Bässe setzen T. 131 zu früh ein |
Herbert
von Karajan |
Philharmonia Orchestra |
EMI |
1951 |
15‘09 |
5 |
s.
u. |
Herbert
von Karajan |
Wiener
Philharmoniker |
Decca |
1960 |
14‘54 |
5 |
s.
u. |
Herbert
von Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1972 |
15‘26 |
5 |
s.
u. |
Herbert
von Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1986 |
15‘54 |
5 |
s.
u., Till hat schon etwas Fett angesetzt, opulenter Klang |
Herbert
Blomstedt |
San
Francisco Symphony |
Decca |
1994 |
14‘37 |
5 |
lebendige
Darstellung, Blick auf Details, farbiges Klangbild |
Ferenc
Fricsay |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1950 |
14‘03 |
5 |
vitale,
stellenweise zugespitzte Interpretation, Höhepunkt von langer Hand
vorbereitet, erstaunliche Aufnahmequalität von 1950 |
Rudolf
Kempe |
Berliner
Philharmoniker |
EMI Regis |
1958 |
15‘25 |
5 |
Musik
konsequent dargeboten, zugespitzt musiziert, durchsichtiges Klangbild, bei ff-Tutti etwas kompakt |
Rudolf
Kempe |
Staatskapelle
Dresden |
EMI |
1970 |
14‘34 |
5 |
alles
da, jedoch nicht so artifiziell wie bei Szell |
Igor
Markevitch |
Orchestre National Paris |
EMI |
1956 |
14‘37 |
5 |
maßvoll,
gut dosierte Lautstärke, guter Monoklang |
Karl
Böhm |
Staatskapelle
Dresden |
DGG |
1957 |
14‘53 |
5 |
etwas
kompakter Klang mit leichtem Hallanteil, nicht so agil wie Reiner und Szell,
gelassener, obwohl nicht langsamer – immer deutliches Musizieren,
Flatterzunge der Trompeten T. 150/51 |
Karl
Böhm |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1963 |
15‘06 |
5 |
der
Dresdner Aufnahme klangtechnisch überlegen, jedoch nicht musikalisch |
Hans
Swarowsky |
Kölner
Rundfunk-Sinfonie-Orchester |
WDR-Aufnahme |
1960 |
15‘12 |
5 |
live,
unveröffentlicht – Swarowsky erzählt |
Erich
Kleiber |
Sinfonie-Orchester
des NDR Hamburg |
EMI |
1953 |
13‘21 |
5 |
live
– sehr lebhaft, stellenweise drastisch |
Eugen
Jochum |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Philips |
1960 |
14‘34 |
5 |
sehr
klare Darstellung, sehr vital, jedoch nicht überhitzt, immer deutliche
Einsätze der Hauptstimmen |
Eugen
Jochum |
Bamberger
Symphoniker |
BMG |
1984 |
14‘31 |
5 |
Jochum
mit 82: lässt die Bamberger aufblühen, Holzbläser heben sich gut ab –
Orchestervirtuosität, jedoch nicht nur zur Schau gestellt |
Wilhelm
Furtwängler |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1943 |
14‘55 |
5 |
live,
erstaunlich guter Klang – s. u. |
Joseph
Keilberth |
Berliner
Philharmoniker |
Teldec |
P 1967 |
16‘10 |
5 |
lebendiges,
lustbetontes und farbiges Musizieren; eine Platte, die mir gut gefällt- im
Klang etwas Hallanteil |
Vladimir
Ashkenazy |
Cleveland
Orchestra |
Decca |
1988 |
14‘18 |
5 |
immer
lebendiges Musizieren, sehr gute Transparenz, Stimmführungen freigelegt, auch
hier fabelhafte Hornstellen |
William
Steinberg |
Pittsburgh
Symphony Orchestra |
Capitol EMI |
1954 |
13‘58 |
5 |
vital,
mitreißend, draufgängerisch, immer schlank musiziert, Klangbild nicht so
transparent wie im digital-Zeitalter, jedoch einigermaßen plastisch |
Mariss Jansons |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
RCO |
2008 |
15‘43 |
5 |
live,
s. u. |
James
Levine |
Münchner
Philharmoniker |
Oehms |
2002 |
14‘51 |
5 |
live,
sehr lebendig, die drastischen Momente herausgestellt, Pauke und große
Trommel dürfen hier richtig loslegen, Bässe setzen T. 131 zu früh ein |
Semyon Bychkov |
WDR
Sinfonie-Orchester Köln |
hännsler |
2007 |
15‘17 |
5 |
überzeugende
Darstellung, D-Klarinette T. 597 „entstellt“,
genau getroffen |
David
Zinman |
Tonhalle
Orchester Zürich |
Arte
Nova |
2001 |
14‘02 |
5 |
überzeugende
Darstellung, differenziertes Klangbild, jedoch nicht üppig |
|
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|
George
Szell |
Cleveland
Orchestra |
CBS UA |
1949 |
13‘52 |
4-5 |
Zusammenspiel
noch nicht so geschmeidig wie später |
Arturo
Toscanini |
NBC Symphony Orchestra |
RCA |
1952 |
15‘11 |
4-5 |
etwas
gepresster Klang, jedoch durchsichtig; die ersten beiden Horn-Soli im selben
Tempo, 1. Violine dominiert sehr oft, Lautstärke im p zu pauschal, kaum pp |
Erich
Kleiber |
Berliner
Philharmoniker |
Teldec |
1930 |
14‘07 |
4-5 |
klanglich
kompakt, Kleiber ist um Durchsichtigkeit bemüht |
Wilhelm
Furtwängler |
Berliner
Philharmoniker |
Polydor DGG |
1930 |
14‘46 |
4-5 |
s.
u. |
Wilhelm
Furtwängler |
Berliner
Philharmoniker |
DGG WFG SWF |
1953 |
15‘46 |
4-5 |
live,
s. u. |
Wilhelm
Furtwängler |
Wiener
Philharmoniker |
EMI |
1954 |
16‘08 |
4-5 |
s.
u. |
Josef
Krips |
Wiener
Symphoniker |
Orfeo |
1972 |
15‘20 |
4-5 |
live
– Krips illustriert Tills Streiche, ohne mit dem
erhobenen Zeigefinger, 1. Hornthema bereits schnell, Einsätze T. 113, 177 und
131 zu früh, T. 393 ff. langsamer – offenes, farbiges Klangbild |
Wolfgang
Sawallisch |
Philadelphia
Orchestra |
EMI |
1993 |
15‘20 |
4-5 |
live
– plastisches Musizieren, detailbetont, maßvoll, lebendig, aber kaum spritzig
– Einsätze T. 131 und 136 zu früh |
Georg
Solti |
Chicago
Symphony Orchestra |
Decca |
1975 |
14‘56 |
4-5 |
s.
u. |
Otto
Klemperer |
Staatskapelle
Berlin |
archiphon |
1929 |
13‘24 |
4-5 |
stürmisch,
drastische Stellen, Schellackklang |
Otto
Klemperer |
Kölner
Rundfunk-Sinfonie-Orchester |
EMI |
1956 |
14‘30 |
4-5 |
live
– etwas gemütlicher Till |
Otto
Klemperer |
Philharmonia Orchestra |
EMI |
1960 |
14‘54 |
4-5 |
ein
klein wenig schwerfällig |
Jascha Horenstein |
Bamberger
Symphoniker |
VOX |
1954 |
13‘46 |
4-5 |
der
Hörgenuss wird bei dieser durchweg guten Interpretation durch ständiges
leises Rumpeln getrübt, Übertragung von LP direkt auf CD? |
Leonard
Bernstein |
New
York Philharmonic Orchestra |
Sony |
1959 |
14‘51 |
4-5 |
die
beiden ersten Horn-Soli im selben Tempo, T. 391 Tempo reduziert – sehr
lebendig, saftig, teilweise grell, manchmal auch pauschal |
Claudio
Abbado |
Berliner
Philharmoniker |
Sony |
1992 |
14‘21 |
4-5 |
live
– Abbado geht mit Hingabe auf die Partitur ein, der Klang hat mehr Saft als
1981, schwungvolles Musizieren |
Claudio
Abbado |
London
Symphony Orchestra |
DGG |
1981 |
14‘41 |
4-5 |
insgesamt
sachliche Darstellung, virtuose
Hornstellen fabelhaft vorgeführt, jedoch eher an den Höhepunkten isoliert |
Karel
Ancerl |
Tschechische
Philharmonie |
Supraphon |
1962 |
14‘40 |
4-5 |
locker
musiziert, ohne aufgesetzten Druck, klanglich nicht mehr taufrisch |
Andris
Nelsons |
City
of Birmingham Symphony
Orchestra |
Orfeo |
2013 |
15‘19 |
4-5 |
da
Nelsons immer wieder auf Details eingeht, leidet
darunter ein wenig die Stringenz des Musizierens; sehr gute Transparenz,
praller Klang, Till ein Pykniker? |
Mariss Jansons |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks |
BR
Klassik |
2009 |
16‘14 |
4-5 |
live,
s. u. |
Mariss Jansons |
Wiener
Philharmoniker |
Rundfunk-Mitschnitt |
2000 |
15‘12 |
4-5 |
live,
s. u. |
François-Xavier Roth |
SWR
Sinfonie-Orchester Baden-Baden und Freiburg |
hännsler |
2012 |
14‘22 |
4-5 |
aufmerksames
Dirigat, jedoch etwas glatt, Tills Tod zu beiläufig |
Paavo
Berglund |
Stockholm
Philharmonic Orchestra |
RCA |
1989 |
14‘54 |
4-5 |
anfangs
etwas gezogen, T. 393-409 nicht „schnell
und schattenhaft“, Holzbläser gut abgebildet, vieles sehr deutlich,
praller und farbiger Klang |
Antal
Dorati |
Minneapolis
Symphony Orchestra |
Mercury |
1955 |
14‘04 |
4-5 |
erstaunlich
durchsichtiger Klang, jedoch etwas kompakt und weniger farbig, Bässe setzen
T. 131 zu früh ein, auf dem Höhepunkt T. 567 ff schneller – vitale,
energische Darstellung |
Sylvian Cambreling |
SWR
Sinfonie-Orchester Baden-Baden und Freiburg |
hännsler |
2005 |
13‘51 |
4-5 |
sehr
gute Darstellung, ziemlich konstante Tempi, Klangbild könnte etwas saftiger
sein |
Herbert
Blomstedt |
Staatskapelle
Dresden |
Denon |
1989 |
14‘40 |
4-5 |
nicht
so drastisch wie manch andere Aufnahmen, eher vornehmer – breite Dynamik,
Aufnahme klingt etwas obertonarm, was
gerade bei Musik von Strauss ein Manko ist |
Marc
Albrecht |
Orchestre philharmonique de Straßburg |
Pentatone |
2007 |
14‘51 |
4-5 |
aufmerksames
Dirigat, Solo-Horn klingt zu Beginn nicht rund, T. 567-572 Achtel-Rhythmus
der Streicher und Holzbläser wird vom Blech gedeckelt, Tutti-Klang etwas
pauschal, Transparenz nicht immer bestens |
|
|
|
|
|
|
|
Georg
Solti |
Berliner
Philharmoniker |
Decca |
1996 |
15‘14 |
4 |
live,
s. u. |
Sergiu
Celibidache |
Berliner
Philharmoniker |
M&A |
1947 |
15‘35 |
4 |
live
– Hörner (Instrumente) noch nicht von der Qualität späterer Jahre, überzeugt
mehr als 1971 |
Sergiu
Celibidache |
Radio
Sinfonie-Orchester Stockholm |
DGG |
1971 |
16‘32 |
4 |
live
– fast immer sehr deutlich, jedoch auch gezogen gespielt |
Wilhelm
Furtwängler |
Berliner
Philharmoniker |
Myto |
1954 |
16‘06 |
4 |
live
Turin, s. u. |
Serge
Koussevitzky |
Boston
Symphony Orchestra |
RCA UA |
1945 |
14‘57 |
4 |
sehr
lebhaft, Dynamik nicht ausgeschöpft, begünstigt plakatives Musizieren,
CD-Übertragung bei UA nicht optimal |
Franz
Konwitschny |
Tschechische
Philharmonie |
Supraphon |
1952 |
13‘59 |
4 |
einige
Partien nicht ganz ausgeformt, teilweise drastisch aufspielendes Blech,
dynamische Differenzierung etwas plakativ, Einsätze T. 113, 116 und 121 zu
früh; Gerichtsszene T. 573 ff. im selben Tempo, wie es Strauss
wollte – an hohen und lauten Stellen leichtes Klirren |
Joseph
Keilberth |
Wiener
Symphoniker |
Orfeo |
1955 |
15‘11 |
4 |
live
– klanglich nicht so überzeugend wie die Berliner Studio-Aufnahme, ab T. 465
plötzlich lebendiger, nachdem die Musik bisher quasi wie in Wartestellung verharrt hat, Einsätze der
Flöte T. 117 und der Bässe T. 131 zu früh |
Thomas
Schippers |
Cincinatti Symphony Orchestra |
VOX |
1976 |
14‘56 |
4 |
nicht
mit höchster Spannung, warum T. 191 ff. deutlich langsamer?, T. 393-409 fast
schon Adagio, Tills Tod T. 617/18 zu beiläufig – Klangbild nicht so farbig
wie bei anderen Aufnahmen dieser Zeit |
Kurt
Masur |
Gewandhausorchester
Leipzig |
Philips |
1989 |
15‘10 |
4 |
live
- eher Pflicht als Kür |
Charles
Mackerras |
Royal
Philharmonic Orchestra |
RPO |
1995 |
14‘32 |
4 |
ab
T. 157 etwas unterbelichtet, ablösende Bläser nicht deutlich |
Ferdinand
Leitner |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks |
Orfeo |
1972 |
14‘00 |
4 |
live
– gelassen, gute Kapellmeisterleistung |
Neville
Marriner |
Sinfonie-Orchester
des SDR Stuttgart |
Capriccio |
1990 |
15‘38 |
4 |
lebendig,
1. Hornsolo etwas unruhig, sonst überzeugende
Hörner – Klangbild könnte transparenter sein |
Karl
Anton Rickenbacher |
London
Philharmonic Orchestra |
EMI |
1985 |
14‘46 |
4 |
eher
schwarzweiß als farbig |
Clemens
Krauss |
Wiener
Philharmoniker |
Teldec |
1941 |
14‘53 |
4 |
kompakter
Klang, nicht immer ganz deutlich |
Hans
Knappertsbusch |
Staatskapelle
Berlin |
History |
1928 |
14‘41 |
4 |
nicht
immer präzise zusammen , historischer Klang |
Gustavo
Dudamel |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
2013 |
15‘40 |
4 |
live
– gefällige Interpretation, dynamische Differenzierung nicht immer top,
Achtel in T. 604 nicht legato, Epilog in den ersten Takten etwas fest, guter
Klang |
Antal
Dorati |
Detroit
Symphony Orchestra |
Decca |
1980 |
14‘48 |
4 |
viel
moderater als die frühere Aufnahme, auch ohne deren Drive, jedoch besserer Klang |
|
|
|
|
|
|
|
Edo
de Waart |
Minnesota
Orchestra |
Virgin |
1991 |
14‘58 |
3-4 |
Spannung
insgesamt nicht wie gewünscht, T. 393-409 nicht „schnell und schattenhaft“ |
Bernard
Haitink |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Philips |
P 1983 |
14‘48 |
3-4 |
Philipps‘
erster digital-Till, neue Technik noch nicht voll im Griff, Transparenz bei
Tutti-Stellen durch Hall belastet; gemütlicher Till, geringe Spannung, Bässe
setzen T. 131 zu früh ein |
Daniel
Barenboim |
Chicago
Symphony Orchestra |
Erato |
1990 |
15‘15 |
3-4 |
Transparenz
nicht immer optimal, Holzbläser könnten besser aufgegliedert sein, klanglich
nicht durchgeformt, oberstimmenbetontes Musizieren – Tempoverdopplung T. 197
übersehen, T. 393 ff. langsamer, Oboe T. 403 ff. zu leise, Gerichtsszene laut,
jedoch nicht bedrohlich |
Georges
Pretre |
Radio-Sinfonie-Orchester
Stuttgart |
hänssler |
1997 |
15‘45 |
3-4 |
mehr
Einzelabschnitte als ein Ganzes, großzügiger Umgang mit dem Notentext, man
wünschte sich auch mehr Transparenz |
Rafael
Frühbeck de Burgos |
Dresdner
Philharmonie |
Berlin
Classics |
1994 |
15‘56 |
3-4 |
Musik
läuft ab, aber es ereignet sich wenig, zu vorsichtig angegangen, T. 14 ff
ohne Drive, T. 81 wieder langsamer, Tutti-Achtel T. 558-566 (ff) zu schwergängig – Klang nicht
immer so transparent wie erwartet |
Manfred
Honeck |
Pittsburgh
Symphony Orchestra |
Reference
Recordings |
2012 |
14‘22 |
3-4 |
Till
als Reißer, jedoch etwas vordergründig und weniger sorgfältig: T. 111-132
Pausen sowie lange Notenwerte verkürzt, T. 567-572 Achtel-Rhythmus der
Streicher und Holzbläser wird vom Blech zugedeckt, sonst jedoch durchsichtiges Klangbild, die ff-Tuttistellen oft zu grell und
aufdringlich |
Henry
Lewis |
Royal
Philharmonic Orchestra London |
Decca |
1970 |
15‘39 |
3-4 |
T.
95 ff. könnten etwas drängender klingen, einige Durchhänger, Dialog zwischen
Horn und Oboen T. 516-529 lässt aufhorchen, Blech im ff vulgär (Absicht?), das Besondere des Till wird kaum getroffen |
Hinweise zu Interpreten und Interpretationen
Wilhelm Furtwängler
Außer dem Don Juan hat Furtwängler immer wieder auch Till Eulenspiegels
lustige Streiche aufgeführt und zweimal aufgenommen. Die für mich
überzeugendste Interpretation entstand 1943 während eines Konzerts in der Alten
Berliner Philharmonie, die auch mit einem erstaunlich guten Klang punkten kann.
Furtwängler führt nicht nur die virtuos gestaltete Partitur vor (z. B.
Flatterzunge T. 150 f., Blechbläserattacken, vertrackte Rhythmen), wie man es
in neueren Aufnahmen immer wieder erlebt, sondern lässt auch Tills Streiche
lebendig werden, etwa durch angemessene Rubati. So
dehnt er in T. 374 die Töne von Klarinetten und Geigen ein wenig, um dann im
folgenden Takt umso lebendiger und fröhlicher in den kurzen Gassenhauer
einzusteigen. Seine Werksicht hat bis heute nichts von ihrer Überzeugungskraft
verloren.
Bereits im Jahre 1930 nahm er für Polydor den Till Eulenspiegel auf, eine überzeugende
Leistung, die jedoch durch den kompakten Klang nicht die Deutlichkeit von
späteren Jahren erreicht. Der erste Horneinsatz ist nicht ganz geglückt. Auf
dem Mitschnitt aus dem Berliner Titania-Palast aus dem Jahre 1953 wird nicht
ganz so konzentriert musiziert wie zehn Jahre zuvor; hier und da gibt es kleine
Ungenauigkeiten, darunter leidet auch die Inspiration. Die letzte Aufnahme des Till entstand auf einer Tournee der Berliner Philharmoniker
in Turin. Nach dem langsameren Tempo zu urteilen, scheint Till hier schon die
50 überschritten zu haben. Der Klang ist etwas kompakt sowie leicht verfärbt.
Auch stört das leise Rauschen der Acetatplatten.
Von allen Furtwängler-Aufnahmen klingt
die Studio-Produktion mit den Wiener Philharmonikern aus demselben Jahr am
deutlichsten, z. B: kurze Stelle der Bassklarinette T. 82. Sie verfügt über den
besten Klang, ist aber etwas langsamer, besonders da, wo er schon früher das
Tempo etwas zurücknahm. Unverständlich sind die verfrühten Einsätze der Bässe
T. 113 und T. 131, dieser Malus unterlief ihm in den anderen Aufnahmen nicht.
Herbert von Karajan
Die älteste der vier Studio-Produktionen
mit Herbert von Karajan wurde 1951 in London mit dem Philharmonia
Orchester erstellt. Schon hier zeigt sich deutlich seine Sichtweise des Till. Das Orchester beginnt nach Partitur-Angabe gemächlich,
zieht dann das Tempo an und entwickelt so nach und nach Spannung. Das
überzeugt. Mit prägnantem, kraftvollem und farbenreichem Spiel nimmt der noch
junge Klangkörper für sich ein. Der Klang ist für das Aufnahmejahr erstaunlich
transparent, in den lauten Tutti-Stellen müssen jedoch Abstriche gemacht
werden. Die Platte mit den Wiener Philharmonikern, nun bei Decca, entstand
knapp 10 Jahre später. Auch hier wird der Hörer durch ein lebendiges, präzises
und plastisches Musizieren erfreut. Das Klangbild hat nun gegenüber früher mehr
Saft und verfügt über eine größere Breite und Tiefe.
Die folgenden beiden Aufnahmen
entstanden in Berlin für die Deutsche Grammophon Gesellschaft. Der Klang ist
nun etwas artifizieller und wird von Aufnahme zu Aufnahme langsamer, Karajan
geht gelassener an die Partitur heran. Der Klang der 1972er Platte ist
gegenüber der Wiener Vorgänger-Aufnahme ein wenig geschlossener,
interpretatorisch bewegt er sich jedoch auf der erprobten Bahn. Die Berliner
Musiker erreichen jedoch noch etwas mehr Schliff als ihre Wiener Kollegen. Damit
geht leider auch ein mehr oberstimmenbetontes Musizieren einher. Bei Karajans
letzter Produktion des Till Eulenspiegel gewinnt man
den Eindruck, dass der opulente Klang, nun digital aufgenommen, einen höheren
Stellenwert besitzt als die Musik insgesamt. Zum Schluss sei noch auf die
teilweise ungenauen Einsätze der Streicher und Flöten zwischen T. 113 und T. 131 hingewiesen. Mein Favorit ist die
Platte mit den Wiener Philharmonikern.
Georg Solti
Straussens Till Eulenspiegel musste wie ein gefundenes Fressen für den
Ausdrucksmusiker Georg Solti gewirkt haben. Das ist aus seiner Aufnahme mit dem
Chicago Symphony Orchestra heraus zu hören, sie hat
viel Licht zu bieten (saftiger Klang), zeigt jedoch auch einige Schattenseiten.
Wunderbar deutlich lässt der Maestro aufspielen, er wirft auch immer einen
Blick auf die Hörner, die bestens zur Geltung kommen, ohne sich vorzudrängen,
auch da, wo man sie auf anderen CDs kaum hört, z. B: T.147-152 oder T. 532-543.
Der gracioso-Anweisung für die Bässe, Flöte und
erste Geigen in den Takten 113-122 wird leider kaum Rechnung getragen. Einige
Minuten später, vor dem Höhepunkt, habe ich den Eindruck, dass das Orchester
bei seiner stürmischen Achtelbewegung (T. 561-566) nicht mehr ganz genau
zusammen ist. Wenige Takte danach kommt der Tutti-Akkord T. 581 kaum deutlich
markiert. Diese beiden misslungenen Stellen hätten bei der Aufnahme umgehend
korrigiert werden müssen. Beim Konzertmitschnitt der Berliner Philharmoniker
kommen sie wie es sich Strauss gedacht hat. Die
Aufnahme ist insgesamt weniger artifiziell mit geringerem Erregungspotential.
Insgesamt wird auch etwas weniger deutlich musiziert. Anzumerken wäre noch,
dass die Bässe in T. 131 zu früh einsetzen und das Orchester ab T. 209 entgegen
der Partitur wenig lebhaft spielt.
Mariss Jansons
Mit dem lettischen Dirigenten liegen
mir drei Interpretationen vor, die letztlich alle zu empfehlen sind. An die
Spitze stelle ich die Aufnahme mit dem Concertgebouw
Orchester Amsterdam, als dessen Chefdirigent Jansons von 2004-2015 fungierte. Er lässt immer sorgfältig und deutlich
musizieren, wählt kein extrem schnelles Tempo, so dass viele Einzelheiten im
Orchester ans Licht geholt werden, die meist verloren gehen. Das Klangbild ist
hervorragend. Fast dieselbe interpretatorische Höhe erreicht die Aufnahme mit
dem Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks ein, die allerdings
geringfügig langsamer ist und auch weniger Drive zeigt. Bei der Aufnahme mit
den Wiener Philharmonikern ist das Klangbild geschlossener, nicht so schlank,
wie man es von den beiden oben genannten kennt, auch werden weniger Details zu
verfolgen sein.
Es
freut mich, dass mir immer wieder Freunde des Klassik-Prismas mit
Bereitstellung weiterer Aufnahmen meine Arbeit unterstützen und auf diese Weise
die Aktualität verbessern helfen. Herzlichen Dank.
eingestellt am 29.06.07
neu bearbeitet und ergänzt am 09.03.18