Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Franz Schubert

 

Klaviertrio Es-Dur op. 100 D. 929

 

Allegro – Andante con moto – Scherzando, Allegro moderato – Allegro moderato  

 

Schubert hat sich erst in den letzten Lebensjahren mit der Gattung Klaviertrio auseinandergesetzt. Dabei entstand das melodische Trio in B-Dur und das eher dramatische in Es-Dur. Die Musikwissenschaft ist sich nicht einig, welches das ältere und welches das jüngere ist, auch wenn der Druck mit der Zuweisung von op. 99 und op. 100 Klarheit bringen könnte. Das Werkverzeichnis des Schubert-Forschers O. E. Deutsch rührt die ältere Reihenfolge nicht an, platziert jedoch viel Vokalmusik, u. a. Die Winterreise, zwischen seinen Ordnungsziffern 898 für das B-Dur-Trio und 929 für das Es-Dur-Trio. Ein Grund für die frühere Entstehung des letzteren könnte mit der Tatsache in Zusammenhang stehen, dass das Es-Dur Trio bereits am 26. Dezember 1827 durch Mitglieder des Schuppanzigh-Quartetts in einer Veranstaltung des Musikvereins aufgeführt wurde. Dann ein zweites Mal im bekannten „Privatkonzert“, ebenfalls mit Schuppanzig mit ausschließlich eigenen Kompositionen am 26. März 1828 in Wien. Der Abend soll ein großer Erfolg gewesen sein, sowohl künstlerisch als auch finanziell. Die Wiener Presse nahm jedoch keine Notiz davon, es galt doch die Hexen-Leistungen des großen Virtuosen Nicolo Paganini zu rühmen, der gerade in Wien weilte. Das B-Dur-Trio erschien erst im Jahr 1836 bei Diabelli in Wien als Primier Grand Trio im Druck.

 

Schubert war es wichtig, dass sein Es-Dur-Trio so schnell wie möglich in den Druck befördert würde. Zwei Verleger versuchte er zu gewinnen: Schott in Mainz und Probst in Leipzig, der den Zuschlag bekam. Übrigens war es das einzige Kammermusikwerk Schuberts, das vor seinem Tode am 19. November 1828 veröffentlicht wurde. Verleger Probst versuchte Schubert zu überreden, den letzten Satz aufgrund seiner übergroßen Länge zu kürzen. Als Verleger dachte er weniger an künstlerische Erwägungen, als an sein Geschäft, seinen Verkaufserfolg. Mit etwa zwanzig Minuten Länge zog er beispielsweise gleich mit einem kompletten dreisätzigen Trio von Haydn. Schubert ließ sich schweren Herzens überreden und verfügte die Streichung der Wiederholung der Exposition, ab T. 230, sowie zweier weiterer Stellen zu je 50 Takten: nach Takt 357 sowie nach Takt 414. Mit dieser Amputation von 330 Takten kam das Es-Dur-Trio bei Probst heraus und wurde so von Generationen von Trio-Formationen aufgeführt und später auch aufgenommen. Erst mit der Neuedition aller Schubert-Kompositionen, der sogenannten Neuen Schubert-Ausgabe 1975, wurde der Finalsatz so veröffentlicht, wie es sich der Komponist vorgestellt hatte. Infolge davon erschienen zwei Ur-Text-Ausgaben: bei Henle 1975 und bei Bärenreiter 1978, die aber längst nicht als Standard sofort übernommen wurden. Bei meinem Vergleich habe ich die Henle-Partitur herangezogen.

 

Hinweise zu den Sätzen:

 

1.Satz. Die Musik beginnt in einem aufbäumenden Gestus, Robert Schumann beschrieb es als handelnd, männlich, dramatisch. In ähnlicher Manier eröffnet Schubert ein paar Wochen später seine große Klaviersonate in A-Dur D. 959. Das zweite Thema beginnt T. 48 in h-Moll, bleibt immer im pp-Bereich, charakteristisch ist der marschartige Rhythmus, der ab T. 90 von einem allmählichen Crescendo bis zum ff abgelöst wird. Es folgt – wiederum sehr leise – ein drittes Thema in B-Dur, das zu Beginn der Durchführung mehrmals in unterschiedlichen Tonarten zitiert wird und in der Durchführung eine große Rolle spielt. Während das Thema von den beiden Streichern gleichzeitig und auch im Wechsel durchgeführt wird, begleitet sie das Clavier auf langen Strecken mit fallenden Achteltriolen (T. 305 ff.), die wir bereits aus dem 4. Impromptu As-Dur aus D. 899 kennen. Ab T. 385 beginnt die Reprise und beschließt nach 249 Takten den umfangreichen Sonatensatz.

 

2. Satz: Über einem trauermarschartigen Pochen des Klaviers erhebt sich eine sehnsuchtsvolle Melodie des Cellos (c-Moll), basierend auf dem schwedischen Volkslied Se solen sjunker, das Schubert nach Joseph Sonnleithners Angaben bei einem Konzert des jungen Tenors Isak Berg (an anderer Stelle auch Karl Berg) im Jahre 1827 kennengelernt haben soll und einen starken Eindruck hinterließ. Er verwendete es nicht nur hier im Trio, sondern auch in seiner „Winterreise“, die etwa zur gleichen Zeit komponiert wurde. Unterschwellig klingt hier wie dort immer das Wandern als Grundtopos an.

 

3. Satz: Im folgenden Scherzo in Form eines Ländlers in B-Dur wischt Schubert den traurigen Eindruck beiseite. Das schwungvolle Thema wird kanonisch zwischen Klavier und den Streichern geführt. Eingeschlossen wird das Scherzo von einem unruhigen Walzer-Trio in As-Dur.

 

4. Satz: Dieser längste Satz mit drei Themen ist für Schuberts Verhältnisse ausgesprochen weitschweifig, erstreckt sich über 748 Takte und ist in Sonatenform gefasst. Ist es nicht merkwürdig, dass das erste Thema in Es-Dur nur zweimal erscheinen darf: Am Satzanfang und dann noch einmal mit Beginn der Reprise T. 440. Schubert gibt sich jedoch alle Mühe die beiden anderen Themen (c-Moll und B-Dur) räumlich ausgreifend zu präsentieren. Dass die Musik nicht aus dem Ruder läuft, verdanken wir dem erneuten Auftritt des schwedischen Themas aus dem Andante ab T. 279 in der Durchführung, auch hier vom Cello vorgetragen (statt c-Moll jetzt h-Moll). Eine konzentrierte Durchführungsarbeit von 50 Takten schließt sich an, wird aber bei der Drucklegung auf Drängen des Verlegers Probst gestrichen, ebenso weitere 50 Takte nach T. 414. Trotzdem muss man als Hörer warten, bis der Komponist nach immer neuen Ansätzen in T. 721 das definitive Finale einleitet. Ohne Kürzungen hätte der Satz einen Umfang von 1078 Takten erreicht. Aber auch mit den Kürzungen bleibt es ein kolossales Werk. Hier trifft Schumanns Statement von den himmlischen Längen voll den Kern dieser Musik.

 

Zu den Wiederholungen:

 

1. Satz, Exposition, bleibt bei den älteren Aufnahmen unbeachtet, erst ab ca. 1970 wird sie eingebunden. Jedoch nicht immer, wie in der HIP-Aufnahme von Immerseel, des Beethoven-Trios, des Jean-Paul-Trios, des Trio Wanderer, des Beaux-Arts-Trios, des Haydn-Trios-Eisenstadt und des Wiener Klaviertrios.

 

3. Satz, 2 Wiederholungen im Scherzando, 1 im Trio, werden immer beachtet, außer bei Busch-1935 und Immerseel.

 

4. Satz, Exposition, die überwiegende Mehrheit der Trio-Formationen beachten Schuberts Wunsch für einen Verzicht der 230 Takte (s. o.). In den letzten Jahren tritt jedoch bei einigen ein Umdenken ein pro Wiederholung: Schiff, Jean Paul sowie die russische Formation mit Ioff.  Das trifft auch auf die beiden Kürzungen von je 50 Takten zu, die man beim Abegg-Trio, dem Trio-Fontenay, dem Altenberg-Trio, dem O. Schnyder-Trio, sowie bei Schiff, Ioff, Jean Paul, Tetzlaff/Vogt und Weithaas/Helmchen hören kann.

 

Das Abegg-Trio sowie das Wiener-Trio bieten dem Hörer beide Fassungen an.

 

5

Busch-Trio

Adolf und Hermann Busch, Rudolf Serkin  

EMI        Warner

1935

38‘30

 

I locker musiziert, viel Spannung und Dramatik, besonders in der Durchführung, sehr gutes Miteinander, II immer konzentriert, III einige kleine Intonationstrübungen, IV Vitalität der Musik aufgegriffen und herausgestellt – trockenes Klangbild

5

Oliver Schnyder Trio

Andreas Janke, Benjamin Nyffenegger, Oliver Schnyder

RCA

2012

50‘39

 

aufmerksames Miteinander, geschmeidig, gestalterischer Ernst, klare Artikulation, viel Inspiration und Spannung

5

 

Isaac Stern, Leonard Rose, Eugene Istomin

CBS   Sony

P 1971

45‘00

 

I moderato, Musik hell und klar präsentiert, sehr gutes Miteinander, sehr gute Balance und Transparenz, Klavier nicht ganz so geschliffen wie z. B. Zitterbart

5

Odeon-Trio

Kurt Guntner, Angelica May, Leonard Hokanson

Pro Arte       RCA

1980

42‘39

 

I hell, fast filigranes Spiel, geschmeidig, Klavierbass könnte etwas körniger ausfallen, II con moto, man wünschte sich noch etwas mehr an Spannung – Hokanson mit fantasiereicher Anschlagskultur

5

Beaux Arts Trio

Daniel Guilet, Bernard Greenhouse, Menahem Pressler

Philips

1966

41‘09

 

5

Beaux Arts Trio

Isidore Cohen, Bernard Greenhouse, Menahem Pressler

Philips

1984

43‘32

 

5

 

Renaud und Gautier Capuçon, Frank Braley

Virgin

2006

42‘48

 

I elegant, subtil differenziert, sehr gutes Miteinander, mit Dramatik wird nicht gespart, gute Balance und Transparenz, II etwas unruhig, drängend, kurze Vorschläge etwas länger, III erfrischend, nuanciert, mit Feingefühl gestaltet, IV temperamentvoll, Aggregatzustände der Musik gut getroffen

5

 

Christian und Tanja Tetzlaff, Lars Vogt

Ondine

2021

47‘51

 

I 2. Th. ganz zart, filigran, artikulatorische Feinarbeit, nuanciertes Spiel, in großen Bögen, II kammermusikalische Feinarbeit als Prinzip, tief in Schuberts Partitur eingedrungen, III mit Feingefühl, aber auch scharfe Farbwechsel, IV Übergänge mit plötzlicher Dringlichkeit, zum Satzschluss auch ruppiges Spiel

5

 

Antje Weithaas, Marie-Elisabeth Hecker, Martin Helmchen

Alpha

2017

48‘44

 

I konzentriert, einfühlsames Vorgehen, überzeugende dynamische Gestaltung, das Lyrische betonend, II fantasiereich, kammermusikalische Feinabstimmung, ergreifender Satzschluss, III spielerisch, mit viel Klangsinn, Betroffenheit im Trio, IV Virtuosität ohne gewollte Selbstdarstellung, spontan wirkende Musizierfreude

5

 

Pinkas Zukerman; Lynn Harrell, Vladimir Ashkenazy

Decca

1996

47‘04

 

I flexibles Musizieren, sehr gutes Miteinander, sehr gute Balance, überzeugender Spannungsauf- und -abbau, II spannungsvoll, T. 82 ff. atemberaubender Dialog zwischen Geige und Cello, der leider oft vom Flügel überdeckt wird, IV einige ruppige Stellen

     

   

4-5

 

Yuuko Shiokawa, Miklós Perényi, András Schiff

Teldec

1995

52‘04

 

I überwiegend kantabel, klare Artikulation, sanfte Farbwechsel, II Geige leider zu zurückhaltend, keine optimale Balance zum Vc., III Musiker gehen feinfühlig zur Sache, atmen mit der Musik, IV mit Feingefühl und spürbarer Hingabe – mit langem Atem musiziert

4-5

Abegg-Trio

Ulrich Beetz, Birgit Erichson, Gerrit Zitterbart

Tacet

1998

50‘35

 

I immer wieder zwingender Spannungsauf- und -abbau, gute Balance, Klangbild mit viel Körper, II A. con moto, Musizieren an lauten Partien manchmal etwas fest, III exakt, mit Hingabe, IV Balance zwischen Streichern hier nicht immer top – insgesamt hohe Präsenz

4-5

Trio-Wanderer

Jean-Marc Phillips-Varjabédian, Raphaёl Pidoux, Vincent Coq

HMF

2000

42‘04

 

I Musik mit etwas Weichzeichner sehr gutes Zusammenspiel, alles sehr sauber, gute Balance, II fließendes Musizieren, nicht nur wie eben durchgespielt, T. 80 letzter Akkord: Vc. mit Nachhall, IV wie zuvor, mit Druck, zielstrebig dem Ende entgegen

4-5

David-Oistrach-Trio

David Oistrach, Svjatoslav Knushevitzky, Lev Oborin

Brilliant

1947

44‘04

 

I frisch musiziert, Musiker gut aufeinander eingespielt, II mit Hingabe musiziert, ausgewogen, Dramatik nicht überspielt, IV sehr bewegt, engagiert – für die Zeit der Aufnahme gute Balance, jedoch herabgesetzter Klang

4-5

Neva-Trio-St. Petersburg

Ilja Ioff, Akexei Massarkski, Igor Uryash

no name

1999

52‘39

 

I Musik kaum auftrumpfend, bestes Miteinander, aufmerksame Umsetzung des Notentextes, II wie eine ausgedehnte gewichtige Elegie, jedoch geringere Spannung, III jetzt wieder viel lebendiger, IV wie I – dem Flügel wünschte man sich mehr Klangfarben

4-5

 

Raphael Oleg, Sonia Wieder-Atherton, Imogen Cooper

RCA     BMG

1998

44‘39

 

I temperamentvolles Vorgehen, kammermusikalische Feinabstimmung, entschieden voran, II ausdrucksstark, sehr gutes Miteinander, Dynamik ohne letztmögliche Feinabstimmung, IV ausdrucksstark, mit Verve und viel Empathie, eine ziemlich runde Sache

 

   

  4

Busch-Trio

Adolf und Hermann Busch, Rudolf Serkin  

Columbia         CBS        Sony

1951

41‘36

 

I nicht mehr ganz so locker wie 1935, jedoch auch viel Spannung und Dramatik, besonders in der Durchführung, sehr gutes Miteinander, II etwas weniger Spannung als früher, auch im Scherzo – abgesehen vom Finale etwas langsamer, technisch nicht immer voll abgesichert

4

 

Dmitry Sitkovetzky, David Geringas, Gerhard Oppitz

Novalis

1985

47‘38  

 

ähnliche Tempi in den drei ersten Sätzen, I sehr klar, übersichtlich, helles Klangbild, besonders beim Flügel, sorgfältiges Musizieren, spürbare Lust an instrumentaler Zuspitzung, jedoch auch einförmig, wenig abwechslungsreich und starr, II Klang des Flügels etwas hart, Pianist führt zu sehr, IV T. 274 ff. Pizz. der Vl. zu leise, Dynamik etwas pauschal

4

Haydn-Trio Wien

Michael Schnitzler, Walter Schulz, Heinz Medjimorec

Teldec

1987

41‘52

 

I locker, Musiker zeigen Sensibilität für Schuberts Musik, helles Klangbild, II bewegter Vortrag, kurze Vorschläge länger als üblich, III objektiv, ausgewogen, IV die große Linie, insgesamt optimistische Sicht – Dynamik insgesamt etwas pauschal

4

Wiener Klavier-Trio

Wolfgang Redik, Matthias Gredler, Stefan Mendl

MDG

2002

50‘04

 

I kein festes Tempo, Streicherklang etwas zurückgesetzt, II zu schnell, T. 129ff. spielt hier jeder für sich? T. 200 Klavier ohne Vorschlag, IV Klavier T.138-142 nicht immer hinreichend deutlich, T. 275 ff. Pizz. der Vl. zu leise, T. 594 nach 1 verdoppelte Pause – insgesamt stromlinienförmig

4

Altenberg-Trio Wien

Ziju He, Christoph Stradner, Christopher Hinterhuber

Vanguard

1995

51‘44

 

I an lauten Stellen auftrumpfend, Flügel dann zu laut und etwas scharf, kein festes Tempo, II T.91 und T. 95 kurze Vorschläge beim Flügel werden unterschiedlich artikuliert: vor oder mit dem Schlag, Balance zwischen, Streichern nicht immer top, III zurückhaltendes Scherzo, IV auch hier Balance zwischen Streichern nicht optimal, hier scheinen die himmlischen Längen noch ausgedehnter als in anderen Interpretationen zu sein

4

Trio-Fontenay

Michael Mücke, Niklas Schmidt, Wolf Harden

Telefunken         Warner

1995

47‘06

 

I Beginn auftrumpfend, jedoch auch etwas zäh, Spannung nicht immer top, II sehr gelassen, etwas gezogen, mit geringerer Spannung, III etwas asketisch, con spirito?  IV etwas fest musiziert, Spannung nicht durchgehend – seriöses Musizieren, sauber, Musik klingt in allen Sätzen irgendwie ähnlich

4

Trio- di-Trieste

Renato Zanettovich, Amadeo Baldovino, Dario de Rosa

DGG

1965

44‘31

 

I ausgewogen, objektiv, klare Artikulation, ohne innere Dramatik, II geradlinig, darstellerische Konzentration, jedoch geringe Spannung, abgesehen vom MT ab T. 106, III gediegen, kein emotional besetzter Vortrag, IV brav, objektiv, etwas hausbacken – Interpretation hinterlässt keinen bleibenden Eindruck

4

Haydn - Trio Eisenstadt

Verena Stourzh, Hannes Gradwohl, Harald Kosik

Capriccio

2006

45‘16

 

I Musik buchstabiert, offenes Klangbild, II starr, unterschiedliche Handhabe der kurzen Vorschläge in den Takten 8, 12, 28 und 32 von Cellist und Pianist, III ziemlich eingeebnete Dynamik, gezogenes Tempo, starr, IV Trio schlendert durch die Musik, setzt wenige Akzente, Temposprünge T. 163 und später, Luftholen T. 358 nach 1 – insgesamt etwas lahm, Musiker stehen noch in der Musik, nicht darüber

4

Trio-Opus 8

Eckhard Fischer, Mario de Secondi, Michael Hauber

Arte Nova

1996

46‘40

 

I vehementer Zugriff, Streicher mit rauem Ton, Musiker spielen mehr neben- als miteinander, mehr Teile als ein Ganzes, II spontan wirkende Musizierlaune, jedoch Musik in Verlaufsform, immer wieder in gleicher Art, III oberflächliche Brillanz, IV facettenreich, doch auch klangliche Schärfung – Interpretation noch nicht ausgereizt

     

   

3-4

 

Alexander Schneider, Pablo Casals, Mieczyslaw Horszowski

Columbia     CBS    Sony

1952

43‘39

 

live, I Streicher etwas rau, Aufnahmemängel, Lautstärke bricht stellenweise ein, schwankende Balance, II wenig Spannung, man meint, die Spieler fühlten sich nicht immer herausgefordert

3-4

 

Augustin Dumay, Frédéric Lodéon, Jean-Philippe Collard

EMI

1982

42‘18

 

I sehr bewegt, locker, verspielt, motorische Achteltriolen T. 355-383 in der re. Hd. zu artistisch, II die vielen Akkordrepetitionen zu mechanisch, Balance zwischen Geige und Cello nicht immer optimal, III geglättet, kapriziös, robustes Trio, IV Musik auf das Handwerkliche reduziert, aufgekratzt, raue Tongebung – Schubert überspielt

3-4

Jean-Paul-Trio

Ulf Schneider, Martin Löhr, Eckart Heiligers

WDR        Avi

2011

55‘25

 

I klare Artikulation, die vielen An- und Abschweller bringen Unruhe in die Musik, unruhige Dynamik, klingt etwas spröde, II unstetes Musizieren, kurze Vorschläge als lange ausgeführt, kein festes Tempo, immer wieder wird abgebremst, auch im Scherzo, schnelleres Trio, IV 3. Th. gezogen, Tempoproblem auch hier, führt zu Durchhängern, Violine führt zu sehr

3-4

Beethoven-Trio

Manfred Scherzer, Karl-Heinz Schröter, Amadeus Webersinke

Eterna     Berlin Classics

P 1972

40‘30

 

I klares Musizieren, überwiegend kräftig, zupackend, II geradlinig, stellenweise Neigung zum Auftrumpfen, III schnell, kaum moderato, IV immer deutlich, bei ff-Stellen auch ruppig – insgesamt wie durchgespielt, geringere Differenzierung

3-4

Borodin-Trio

Rostislav Dubinsky, Yuli Turovsky, Luba Edlina

Chandos

1981

42‘32

 

I durchsichtiges Klangbild, gute Balance, die vielen Achteltriolen in der rechten Hand klingen zu mechanisch, die Musiker spielen zu sehr neben- als miteinander, auch in den folgenden Sätzen, II sorgfältige Darbietung, jedoch etwas spannungslos, IV Flügel T. 139-150 etwas flüchtig – insgesamt etwas spröde, einige „Durststrecken“

3-4

Smetana-Trio

Jana Vonásková-Nováková, Jan Páleníček, Jitka Čechová

Supraphon

2009

45‘00

 

I energetisch, breite Ausdrucksskala, prägnant, temperamentvoll, II in Musizierlaune, Spieler mehr neben- als miteinander, stellenweise klangliche Wucht, kämpferisch, III Klang etwas dick, IV kraftvoll, drauflos, Musik neigt zum Auftrumpfen – mehr die große Linie im Sinn, weniger das Detail

   

   

3

 

Jascha Heifetz, Gregor Piatigorsky, Jakob Lateiner

RCA

1965

35‘39

 

I selbstverständliche Perfektion, wie zu erwarten, klares Musizieren, eher sachlich als atmosphärereich, Expression geht meistens mit rauer Tongebung einher, ob dies auch Schuberts Vorstellung entspricht? II ab T. 3 – Einsatz des Cellos – schneller, T. 113-126, später T. 158-188 vehementer Zugriff, geschärft, klangliche Wucht, III sehr schnell, elastisch, Heifetz oft zu sehr im Vordergrund, IV expressiv, jedoch über die Noten gehuscht, T. 571 ff. Abweichung vom Notentext

 

 Interpretation nach historischer Aufführungspraxis und mit Original-Instrumenten

 

    5

 

Daniel Sepec, Roel Dieltiens, Andreas Staier

HMF

P 2016

45‘21

 

I spontan wirkende Musizierfreude, die unterschiedlichen Aggregatzustände der Musik gut getroffen, sehr gute Balance und Transparenz, II kurze Vorschläge etwas länger, tremolando-Stellen T. 104 ff. wie unheimlich, III am Anfang des Trios starke Bässe, IV mit einem zwingenden Sog nach vorn, temperamentvoll, stellenweise jedoch auch etwas rau

5

The Castle Trio

Marilyn McDonald, Kenneth Slowik, Lambert Orkis

Virgin

1991

46‘24

 

I nuanciertes Spiel, natürlich gestaltete Agogik, subtil differenziert, bestes Miteinander, II Musiker lassen sich auf das Potential des Satzes ein, kommen zu überzeugenden Lösungen, IV prägnante Rhythmik, großbogige Gestaltung

 

 

4

La Gaia Scienza

Stefano Barneschi, Paolo Beschi, Federica Valli

Winter&Winter

1996

44‘24

 

I und IV mit viel Druck, prägnante Rhythmen, stellenweise zu sehr gehämmert, besonders bei zunehmender Lautstärke, stellenweise Töne nur angerissen, Musik klingt dann etwas spröde, II T. 145 ff. Cello zu leise, III Ländler gediegen, Trio scharf gezeichnet – insgesamt mit langem Atem in den Ecksätzen

 

 

3-4

 

Vera Beths, Anner Bylsma, Jos van Immerseel

Sony

1996

40‘34

 

I spontan wirkende Musizierfreude, Dramatik, aufrührerische Motorik steht gegen feinfühlend formulierte Passagen, II teilweise raue Tongebung, herabgesetzte Transparenz nach dem Trugschluss T. 104 (Tremolando), scharfe Farbwechsel, III etwas spröde, IV zupackend, robust, etwas äußerlich, großzügige Dynamik

 

   Hinweise zu Interpreten und Interpretationen

 

  Beaux Arts Trio

 

In ihrer langen gemeinsamen Zeit als Trio (1955-2oo8) führten die Musiker die beiden Schubert-Trios unzählige Male auf. Das Label Philips produzierte zwei Studio-Aufnahmen, 1966 in Stereo und 1984 digital. Obwohl es in den Jahren mehrmals Umbesetzungen bei Violine und Cello gab, änderte sich die Werkauffassung kaum, soweit man es von den Tonträgern her nachvollziehen kann. Die Musiker waren bestens aufeinander eingespielt, Klarheit, Delikatesse, das richtige Tempo sowie viel Körper zeichnete ihr Spiel sowohl auf dem Podium als auch im Aufnahmestudio aus. Dem Schallplattenhörer können beide Aufnahmen empfohlen werden. Klanglich muss man der jüngeren den Vorzug geben, auch wenn die Tempi etwas rückläufig sind.

 

eingestellt am 03.08.25

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