Das Klassik-Prisma

 

Bernd Stremmel

www.klassik-prisma.de

Mozart home

Diese Webseite ist urheberrechtlich geschützt.

 

Wolfgang Amadeus Mozart

 

Klavierkonzert Nr. 12 A-Dur KV 414

 

Allegro – Andante – Rondeau, Allegretto

 

Ergänzung und Neubearbeitung 2019

 

 

Mozarts beliebtes Klavierkonzert in A-Dur KV 414 entstand zusammen mit den Nachbarkonzerten F-Dur KV 413 und C-Dur KV 415 um die Jahreswende 1782/83 in Wien. Sie wurden zur Subskription ausgeschrieben, wobei der Komponist noch anmerkte, dass sie sowohl mit großem Orchester (also mit Bläsern) als auch a quattro (als Streichquartett oder wenigen Streichern) aufgeführt werden könnten. Alfred Brendel und Susan Thomas haben je eine Quartettversion hinterlassen, die mir aber nicht zur Verfügung stehen. Im vorliegenden Konzert werden Margit Weber, Piazzini, Kissin und Demus von kleinbesetzten Streichorchestern begleitet.

 

Mozart hat zu jedem Satz je zwei Kadenzen (A und B) geschrieben, wobei die erste weniger anspruchsvoll ist als die zweite. Welche Kadenzen die Solisten spielen, habe ich im Kommentarfeld  aufgeführt. Außer diesen Kadenzen stellt der Komponist den Solisten in den ersten beiden Sätzen noch jeweils zwei Eingänge zur Auswahl.

Mit dem Schlusssatz dieses Konzerts hat sich der Komponist schwer getan: immerhin existieren zwei Rondi aus seiner Feder, das unter der Köchel-Nummer 414, sowie das Rondo für Klavier und Orchester A-Dur KV 386. Seltsamerweise findet man dieses kaum auf einer LP/CD mit dem A-Dur Konzert gekoppelt, was eigentlich nahe liegt.

 

 

Diverse musikalische Auffassungen, Interpretationen liegen oft nahe beieinander und werden nicht jedem Musikfreund offenbar, man muss schon genau und konzentriert hinhören, um die Unterschiede aufzunehmen.

 

 

5

Andras Schiff

Sandor Vegh

Camerata academica Salzburg

Decca

1986

25‘58

 

I Schiff legt ein Augenmerk auf Verzierungen, für den Hörer Mozarts Späße und Übertreibungen entdeckt; in der Orchesterexposition wenige Stellen, in der Schiff auch den b.c. mitspielt, Orchester durchsichtig und einfühlsam, jedoch ohne HIP-Berührung, III pointierte Darstellung, individuell geprägt – B-B-B

5

Robert Casadesus

George Szell

Columbia Symphony Orchestra

CBS         Sony

1955

24‘03

 

I überlegene Umsetzung des Notentextes, sehr gutes Miteinander, trotz groß besetztem Orchester wie sprechend musiziert, II ausdrucksvolles Klavier, ohne Eingang T. 72, III Allegro, Casadesus‘ Spiel mit Leben erfüllt – B-A-A

5

Lili Kraus

Pierre Monteux

Boston Symphony Orchestra

Urania

1953

23‘35

 

,  live,  B-B-B

5

Alfred Brendel

Charles Mackerras

Scottish Chamber Orchestra

Philips

2004

25‘35

 

, B-A-A

5

Alfred Brendel

Neville Marriner

Academy of-St.Martin-in-the-Fields

Philips

1970

24‘49

 

, B-A-A

5

Fazil Say

Howard Griffiths

Zürcher Kammerorchester

naïve

2004

22‘37

 

Say: kreativer Umgang mit dem Notentext, männlich, herbes Klavierspiel, gute Partnerschaft, II mit Hingabe musiziert, III stürmisch, drängend – präsentes Klangbild, insgesamt : Mozart-Glück – A-B-B

5

Benjamin Britten

 

Aldeburgh Festival Orchestra

Decca

1956

24‘51

 

live, I einfühlsames Klavierspiel, Orchester folgt dem Pianisten, frisches Tempo, II Adagio, Streicher mit leichtem Vibrato, etwas distanziert, Bläser ein wenig zurück, III hervorstechende Spielfreude, mit viel Fantasie am Werk – B-B-B

 

 

 

4-5

Rudolf Serkin

Alexander Schneider

Marlboro Festival Orchestra

CBS     Sony

1956

25‘42

 

,  A-A-A

4-5

Radu Lupu

Uri Segal

English Chamber Orchestra

Decca

1974

24‘21

 

I Lupu nähert sich mit Empathie Mozarts Konzert, Orchester klingt groß besetzt, jedoch homogen und gepflegt, gute Partnerschaft, II empfindsames Klavierspiel, III blitzsauber – B-B-A

4-5

Cor de Groot

Willem van Otterloo

Wiener Symphoniker

Philips

forgotten records

1955

24‘18

 

vital, facettenreiches Musizieren, beste Zusammenarbeit zwischen Solist und Orchester, guter Tempokontrast zwischen den Sätzen, guter Mono-Klang, hinreichende Transparenz – B-A-A

4-5

Zoltan Kocsis

Janos Rolla

Fraz-Liszt-Kammerorchester Budapest

Hungaroton

1983

23‘20

 

I schnelles Tempo bringt eine erfrischende Unruhe in den Satz, pointiertes Klavierspiel, Klavier auch als b. c., jedoch nicht durchgehend, II mit viel Gefühl und Klangsinn, III munter, kapriziös, wie Satz 1 – gute Tempogegensätze, Klavier beherrscht etwas das Klangbild – A-A-A

4-5

Christian Zacharias

Jerzy Maksymiuk

Polnisches Kammerorchester

EMI

1981

23‘45

 

fantasievolle Gestaltung des Klavierparts, Orchester mir etwas angerautem Klang, präsente Bläser, Transparenz nicht immer optimal, etwas pauschale Dynamik, sehr gutes Miteinander von Solist und Orchester, I linke Hand T. 169/171 von Streichern überdeckt, T. 195 Eingang – B-A-A

4-5

Christian Zacharias

 

Kammerorchester Lausanne

MDG

2011

23‘33

 

blitzsauberes Musizieren, Klavier und Orchester in bester Harmonie, verschmelzen zu einer Einheit, so stellt sich aber auch eine leichte Glätte ein, I T. 195 Eingang – B-A-A

4-5

Jewgenij Kissin

Vladimir Spivakov

Moskauer Virtuosen

RCA

1988

26‘15

 

I lebendiges, pointiertes Klavierspiel, Kissin stürmt fast atemlos durch Mozarts Musik, heller Flügelklang, Eingang T. 195, II Adagio, ausdrucksvoll, III Allegro – aufmerksame Orchester-Begleitung, präsentes Klangbild - B-A-A

4-5

Daniel Barenboim

 

English Chamber Orchestra

EMI

P 1973

25‘58

 

,  B-A-A

4-5

Carmen Piazzini

Michail Gantvarg

Leningrader Solisten

col legno

1990

23‘03

 

lustbetontes Musizieren, voller Elan, ausdrucksvoll, Orchester – ohne Bläser – nicht immer ganz sauber, herber Klang – B-A-A

4-5

Lili Kraus

Stephen Simon

Vienna Festival Orchestra

CBS     Sony

1965

24‘22

 

,  B-B-B

4-5

Leon Fleisher

Georg-Ludwig Jochum

Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester

ica classics

1957

23‘01

 

technisch perfekt umgesetzt, in den Ecksätzen jedoch distanziert, geringere emotionale Anteilnahme, sehr gutes Miteinander – B-A-A

4-5

Mitsuko Uchida

Jeffrey Tate

English Chamber Orchestra

Philips

1988

24‘56

 

gut aufeinander eingespieltes Team, in den Ecksätzen vital, ausgewogen, farbiges Klangbild, Mozart-Nähe – B-A-A

4-5

Ingrid Haebler

Szymon Goldberg

Niederländisches Kammerorchester

Philips  Retrospektive

1960

25‘38

 

Haebler: unbeschwertes Musizieren, leichtgängige Mechanik, Orchester noch etwas im romantischen Stil, II Adagio, Intonation der Violinen nicht top, III Orchester etwas kompakt – B-A-A

 

 

 

4

Vladimir Ashkenazy

 

Philharmonia Orchestra London

Decca

1980

27‘28

 

Orchester auf der selben Wellenlänge wie Pianist, klingt groß besetzt, homogen und ein wenig glatt, I Tempo anfangs etwas forsch, bei Eintritt des Solisten jedoch zurückgenommen, Adagio, klingt perfekt, aber kaum persönlich, III sehr weicher Anschlag, wenig männlich, etwas zu schön, gefällt sich selbst – B-B-B

4

Maurizio Pollini

 

Wiener Philharmoniker

DGG

2007

24‘35

 

live, I pointiertes Klavierspiel, Orchesterexposition aggressiv, auch an späteren Stellen, II Bläser T. 16/17 kommen nicht heraus, Klavier klingt etwas zu hart, etwas pauschales Zusammenspiel, III T. 170-181 Orchester unkoordiniert, Bläser und Streicher klanglich nicht ausbalanciert – Aufnahme klingt insgesamt aufgeraut – B-A-B

4

Rudolf Serkin

Claudio Abbado

London Symphony Orchestra

DGG

1981

25‘19

 

,  A-A-A

4

Rudolf Serkin

Alexander Schneider

English Chamber Orchestra

BBCL

1966

26‘01

 

,  live,  A-A-A

4

Murray Perahia

 

English Chamber Orchestra

CBS   Sony

1979

25‘13

 

Perahia mit schönem Ton und perfektem Vortrag, jedoch etwas starr, Rokoko-Klischee bedient, Orchester klingt etwas wattiert – B-B-A

4

Maria Joāo Pires

Armin Jordan

Kammerorchester Lausanne

Erato

1976

25‘51

 

ausdrucksvolles Klavierspiel, philharmonisch klingendes Orchester, mehr in Begleitrolle, solide, insgesamt nicht alles geweckt, was die Partitur zu bieten hat – leise Motorgeräusche im Hintergrund – B-A-B

4

Daniel Barenboim

 

Berliner Philharmoniker

Teldec

1996

23‘58

 

, live,  B-A-A

4

Geza Anda

 

Camerata academica Salzburg

DGG

1965

22‘44

 

im besten Sinne nervöses Klavierspiel, Orchester erreicht nicht dieses Niveau, wenig homogen, meistens nur in Begleitrolle, etwas pauschal, Artikulation der Sechzehntel-Ketten (Geigen) nicht top, Bläser an Tutti-Stellen überdeckt, - A-A-A

4

Matthias Kirschnereit

Frank Beermann

Bamberger Symphoniker

Arte Nova

1999

25‘49

 

Pianist exakt, blitzsauber, aber wenig Esprit, kein farbiges Klangbild, differenziertes Orchester, gutes Zusammenspiel – B-A-B

4

Christoph Eschenbach

 

London Philharmonic Orchestra

EMI

1977

26‘39

 

ordentliches aber nicht sehr fantasiereiches (ausgenommen 2. Satz) Klavierspiel, Orchester übernimmt Begleitrolle, Bläser zu sehr in den Gesamtklang eingebettet, weniger differenziert, im Tutti etwas kompakt, Klang wünschte man sich etwas farbiger, II Adagio, III geringe Spannung – B-A-B

 

 

 

3-4

Annerose Schmidt

Kurt Masur

Dresdner Philharmonie

Eterna     Berlin Classics

P 1977

24‘51

 

geradlinig, ausgewogen, ohne persönliche Handschrift, eine zu objektive Darstellung schließt beim Hörer eine Ermüdung nicht aus – B-A-B

3-4

Karl Engel

Leopold Hager

Mozarteum Orchester Salzburg

Teldec      Warner

1976

24‘37

 

unaufgeregt, objektiv, geringe Spannung, Orchester an Tutti-Stellen kompakt und wenig differenziert, Leistungen des Pianisten überragen die des Orchesters – B-A-B

3-4

Louis Lortie

Juli Turowski

I musici de Montreal

Chandos

P 1986

25‘29

 

I entspanntes Musizieren, T. 195 Eingang, II ausgewogen, geringere Inspiration, III ohne Mozartisches Feuer, l’art pour l’art – farbiges Klangbild – B-B-A

3-4

Dirk Joeres

 

Westdeutsche Sinfonia

IMP

1991

25‘09

 

in den Ecksätzen frisch musiziert, geradlinig, routiniert, Mozarts Feinheiten kaum transportiert, Orchester etwas eindimensional, Eingang T. 195 im Kopfsatz – B-B-B

3-4

Jörg Demus

Mauricio Benini

I Filarmonici di Bologna

Warner Fonit

1989

23‘37

 

Pianist mehr mechanisch als in artikulatorischer Feinarbeit unterwegs, Musiker steigern ihre Leistung von Satz zu Satz, kleinbesetztes Orchester, jedoch akustisch etwas nach hinten platziert, klingt dann etwas kühl, Flügel und Orchester stehen oft wie unverbunden nebeneinander, I Eingang T. 195, III Allegro: ungestüm und abwechslungsreich – B-A-B

3-4

Derek Han

Paul Freeman

Philharmonia Orchestra London

Brilliant

1992

22‘57

 

in den Ecksätzen kraftvoll vorwärtstreibend, eher sachlich, ohne emotionale Komponente, II con moto – pauschale Orchesterbegleitung, ohne eigene Ideen, insgesamt etwas glatt – B-B-B

 

 

 

3

Rudolf Buchbinder

 

Wiener Symphoniker

Calig

1997

24‘49

 

live, I Pianist mit wenig dynamische Gestaltung, Einheitssound, Orchester kämpft sich durch, ziemlich pauschal, Balance T. 21-23 nicht optimal, II Klavier T. 81 Abweichung vom Notentext – ich vermisse einen Dirigenten – B-A-A

3

Margit Weber

Rudolf Baumgartner

Festival Strings Lucerne

DGG

1958

26‘01

 

Aufnahme ohne Bläser - engagierte Pianistin, ansprechende Gestaltung, Streicher besonders am Anfang mit Intonationsproblemen, insgesamt etwas spröde, holzschnittartig, bieder, bemüht – B-A-B

 

 

Aufnahmen nach historisch-informierter Aufführungspraxis, mit Hammerflügel und Originalinstrumenten

 

 

5

Ronald Brautigam

Michael Alexander Willems

Die Kölner Akademie

BIS

2009

21‘50

 

mit Hingabe, vitale Interpretation, rhythmischer Schwung, abwechslungsreiche Gestaltung, beste Partnerschaft, I Eingang T. 195 – A-A-A

5

Kristian Bezuidenhout

 

Freiburger Barockorchester

HMF

2015

23‘36

 

elastisches Clavierspiel, delikat, kreativ, mit Stilbewusstsein, Verzierungen im Clavierpart, Orchester solistisch, in Tutti-Abschnitten größer besetzt, I Eingang T. 195 – B-B-A

 

 

4-5

Malcolm Bilson

John Eliot Gardiner

The English Baroque Soloists

DGA

1983

24‘46

 

aufmerksame Umsetzung des Notentextes, sehr gute Partnerschaft, I ansteckende Spielfreunde, Eingang T. 195, II con espressione, III con spirito  – B-B-A

4-5

Viviana Sofronitzky

Tadeusz Karolak

Musica Antiqua Collegium Varsoviense

Et‘cetera

2005/06

24‘29

 

zupackendes Musizieren, festlich, farbiges Klangbild, die Aufnahme zeigt mehr Fleisch und Blut als die eher kammermusikalisch konzipierte Fassung von Bezuidenhout, die noch im 18. Jahrhundert verortet ist, insgesamt jedoch etwas einförmiger in der Darstellung und weniger differenziert

 

 

4

Jos van Immerseel

 

Anima Eterna

Channel Classics

P 1990

24‘34

 

diszipliniertes Musizieren, prägnant, weniger temperamentvoll, zuverlässiges Orchester, I Eingang T. 195, II nuancenreich – A-A-A

4

Linda Nicolson

Nicholas Kraemer

Capella Coloniensis

Capriccio

1990

25‘08

 

korrekte Umsetzung, grundsolide, eher sachlich als temperamentvoll, Verzierungen im Clavierpart – B-B-B

 

 

 

Hinweise zu Interpreten und Interpretationen

 

Rudolf Serkin

 

Serkin scheint das Konzert gemocht zu haben, von ihm liegen immerhin drei Aufzeichnungen vor, in allen spielt Serkin sehr ausdrucksvoll und beseelt, wobei er sich im Tempo zurückhält. Er versteht sich gut auf Spannungsauf- und - abbau. In Marlboro wird er von einem ad hoc-Orchester aus Lehrern und Schülern des Festivals begleitet, der Klang ist noch Streicher-beherrscht, kompakt und von geringerer Transparenz. Im Londoner Mitschnitt wird auch relaxed gespielt, leider klingt die live-Aufnahme etwas entfernt und auch kompakt. Schade nur, dass es mit ihm keine Produktion mit Szell oder Ormandy gibt, dann wäre der Orchesterpart sicher noch profilierter ausgefallen als bei Serkins Freund Alexander Schneider, der hauptberuflich Geiger war und lange Jahre im Budapester Streichquartett mitgespielt hat.

Die letzte Aufnahme in Partnerschaft mit dem aufmerksamen Claudio Abbado war der Beginn einer Gesamtproduktion mit allen Konzerten, er bringt mehr Tempo ins Spiel, leider kamen die Aufnahmen etwas zu spät, denn Serkins pianistische Fähigkeiten bedingt durch sein fortgeschrittenes Alter haben inzwischen nachgelassen, er spielt mehr auf Nummer-sicher, man vermisst die lodernde Flamme aus früheren Jahren.

 

 

Lili Kraus

 

Eine mitreißende Interpretation hat uns Lili Kraus in Partnerschaft mit Pierre Monteux hinterlassen, sie wurde live in Boston mitgeschnitten. Mit großer Hingabe wird der erste Satz musiziert: dramatische Orchester-Exposition, vorwärtsdrängend, elektrisierend, Monteux hält das Orchester auf Kurs, während des ganzen Satzes verspürt man kein Nachlassen an Intensität. Ähnlich wird das Rondo angegangen. Das Andante ist der ruhende Pol des Konzerts, der Hörer wird Zeuge eines ausdrucksvollen Klavierspiels samt leuchtender Tongebung. Das Orchester ist etwas zurückgesetzt und klingt bei lauten Tutti-Stellen etwas kompakt.

Mehr als ein Jahrzehnt später wurde mit Lili Kraus in Wien eine Gesamtaufnahme aller Solokonzerte Mozarts eingespielt, mit einem Wiener ad-hoc-Orchester unter Leitung von Stephen Simon. Die Aufnahme profitiert von der verbesserten Aufnahmetechnik, die dynamische Differenzierung ist jedoch noch nicht top, besonders im zweiten Satz klingen die Streicher etwas herb. In der Werkauffassung kommt sie der früheren Aufnahme jedoch ganz nahe. Im Vergleich spielt Kraus allerdings nicht ganz so ausdrucksvoll wie früher, die Pianistin führt, die Atmosphäre der Monteux-Aufnahme wird jedoch nicht erreicht. Während der Mittelsatz im selben Tempo gespielt wird, spielt man in den Ecksätzen ein wenig langsamer.

 

 

Alfred Brendel

 

Mozarts A-Dur-Konzert KV 414 stand am Anfang der Gesamtaufnahme Brendels mit Neville Marriner und seiner Academy und hob sich deutlich von der etwas älteren Geza Andas ab, der das Orchester vom Flügel aus dirigierte. Brendel und sein in bester Partnerschaft agierender Dirigent pflegten einen entspannt-gespannten Umgang mit Mozarts Musik, ohne jedoch auf Dramatik zu verzichten, Brendels Darstellung des Klavierparts mutet eher weiblich an, insgesamt hat man als Hörer bei diesem Konzert den Eindruck von vergrößerter Kammermusik. Bei der fast ein Vierteljahrhundert später entstandenen Produktion mit Charles Mackerras und dem Scottish Chamber Orchester spürt man eine Wendung hin zur größeren Besetzung, gepaart damit auch von einer Zunahme von Dramatik und Spannung, besonders im Kopfsatz. Man kann jetzt eher von einem männlichen Musizieren sprechen. Das Orchester ist hier mit größerer Trennschärfe abgebildet als früher die Academy, auch hat sich der Klang verbessert. Brendel spielt in beiden Aufnahmen in T. 195 des Kopfsatzes einen Eingang.

 

 

Daniel Barenboim

 

Die frühe Aufnahme des soeben auf dem Musikmarkt etablierten Pianisten Barenboim, der sich hier auch als Dirigent vorstellt, hat im Laufe der Jahre und unzähliger Vergleiche bei mir an Wertschätzung gewonnen. Sein pointiertes Klavierspiel, seine breitgefächerte Anschlagspalette und seine wache Aufmerksamkeit nehmen für diese Aufnahme ein. In den Ecksätzen wird frisch musiziert, das Andante, fast schon ein Adagio, mit seiner liebevollen Umsetzung des Notentextes, ist der ruhende Pol des Konzerts. Das English Chamber Orchestra, mit guter Balance innerhalb des Klangkörpers, ist hier ein vorzüglicher Partner.

Mehr als 20 Jahre später nahm der Dirigent in Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern, in kleinerer Besetzung, die wichtigsten Mozart-Konzerte noch einmal auf. Im Falle des A-Dur-Konzerts wird eher gepflegt als inspiriert musiziert, in allen Sätzen zieht Barenboim das Tempo gegenüber früher etwas an. Der langsame Satz gelingt nicht mehr so innig und ausdrucksvoll. Den Orchesterklang empfinde ich als weniger farbig sowie auch weniger offen als früher. Barenboim spielt jetzt in T.195 des Kopfsatzes einen Eingang.

 

 

eingestellt am 13.04.06

ergänzt und neu bearbeitet am 6.11.19

Mozart home