Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Wolfgang Amadeus Mozart

Klaviersonate C-Dur KV 330

 

Allegro moderato – Andante cantabile – Allegretto

 

 

Mozarts C-Dur-Klaviersonate KV 330 wurde 1783 Komponiert und zusammen mit der A-Dur-Sonate KV 331 sowie der in F-Dur KV 332 im Jahre 1784 in Wien veröffentlicht. Sie hat wie üblich drei Sätze, wobei die Ecksätze (jeweils in C-Dur) nach der Sonatenhauptsatzform gearbeitet sind. Der Kopfsatz schließt mit einem Epilog ab T.145. Das dreiteilige Andante steht in F-Dur, in der Mitte mit einem tieftraurigen Einschub in f-Moll. Auch dieser Satz schließt mit einem Epilog von vier Takten. Hier greift Mozart auf den Einschub in f-Moll zurück, lässt die Musik jedoch in F-Dur ausklingen.

 

 

Gerrit Zitterbart

Tacet

P 1989

17‘33

5

 

Alfred Brendel

Philips

1998

19‘15

5

 

Friedrich Gulda

DGG

1980

25‘49

5

Eigenproduktion Guldas, leichtes Bandrauschen

Andras Schiff

Decca

1980

18‘17

5

 

Clara Haskil

Orfeo

1957

15‘06

5

live

Ingrid Haebler

Denon

1986

19‘49

5

 

 

 

Walter Gieseking

EMI

1953

18‘45

4-5

 

Alicia de Larrocha

RCA

1991

17‘40

4-5

 

Clara Haskil

Philips

P 1951

17‘47

4-5

 

Michael Endres

Arte Nova

1998

16‘14

4-5

 

Walter Klien

VOX

1964

14‘04

4-5

 

Christian Zacharias

EMI

1985

20‘36

4-5

 

Paul Badura-Skoda

BMG

1978

19‘24

4-5

 

Maria-João Pires

DGG

1990

23‘46

4-5

 

Lili Kraus

Sony

1968

18‘28

4-5

 

Lili Kraus

Haydn Society   M&A

1954

19‘40

4-5

leichtes Klirren im Diskant

Wilhelm Backhaus

Decca

1961

11‘40

4-5

etwas (zu) objektiv

Claude Frank

Dorian

2008

18‘09

4-5

Pianist singt leise mit, Pedalgeräusche

Evgeni Koroliov

Tacet

2016

18‘28

4-5

 

Shura Cherkassky

Orfeo

1961

17‘09

4-5

live, Salzburg

Glenn Gould

Sony

1958

16‘09

4-5

 

 

 

Vlado Perlemuter

Vox   Musical Concepts

1956

15‘51

4

etwas stumpfer Klang, dumpfe Geräusche im Hintergrund (Pedal?)

Zoltan Kocsis

Hungaroton

P 1980

15‘30

4

 

Leon Fleisher

CBS

1958

18‘39

4

 

Lars Vogt

EMI

2005

18‘02

4

 

Monique Haas

BR-Aufnahme

1957

17‘07

4

 

Gitti Pirner

Farao

P 2001

18‘07

4

 

Lang Lang

DGG

2005

19‘34

4

 

Yundi Li

DGG

2005

17‘52

4

 

Carl Seemann

DGG

1952

14‘44

4

 

Maria-João Pires

Denon

1974

15‘15

4

 

Daniel Barenboim

EMI

1984

20‘00

4

 

Mitsuko Uchida

Philips

1984

17‘56

4

 

Edwin Fischer

EMI

1937

12‘00

4

 

Jean-Bernard Pommier

Virgin

1982

19‘48

4

 

Claudio Arrau

Philips

1984

25‘28

4

 

Zhu Xiao-Mei

Mirare ?

?

16‘45

4

 

 

 

Wladimir Horowitz

DGG

1986

16‘56

3-4

live

Mihkail Pletnjew

DGG

2005

17‘56

3-4

 

Fazil Say

Warner

2015

23‘49

3-4

 

Elly Ney

Colosseum

1964

21‘47

3-4

 

 

 

Glenn Gould

CBS   Sony

P 1969

11‘17

2-3

 

 

Interpretationen nach historischer Aufführungspraxis auf Hammerflügel gespielt:

 

Andreas Staier

HMF

2004

17‘29

5

Hfl. Nachbau von Monika May nach Anton Walter ~ 1785

Gerrit Zitterbart

gutingi

2005

17‘04

5

live, Hfl. Nachbau von Robert Brown nach Anton Walter ~ 1800

Ronald Brautigam

BIS

1996

18‘36

5

Hfl. Nachbau von Paul McNulty nach Anton Walter & Sohn ~ 1795

Kristian Bezuidenhout

HM US

P 2011

19‘07

5

Hfl. Nachbau von Paul McNulty nach Anton Walter & Sohn ~ 1802

Alexeï Lubimov

Erato   Warner

1990

22‘41

5

Hfl. Nachbau von Christopher Clarke nach Anton Walter ~ 1795

 

 

Gustav Leonhardt

Sony

1971

17‘19

4-5

keine Angabe

Arthur Schoonderwoerd

Accent

2022

19‘22

4-5

Hfl. Nachbau von William Jurgenson nach Johann Andreas Steiner ~ 1780

 

 

Ludwig Semerjian

Atma

2005

23‘56

4

Hfl. von John Broadwood

 

 

Mozarts heitere Sonate C-Dur KV 330 bietet nach der ausdrucksstarken Vorgängerin a-Moll KV 310 dem Pianisten scheinbar keine Schwierigkeiten in interpretatorischer Hinsicht. Er muss nur über bewegliche Hände und Handgelenke, einen schönen, lockeren und leichten Anschlag sowie eine gute Tempovorstellung verfügen.

(Fast) alle der hier aufgeführten Interpreten verfügen darüber und geizen nicht mit ihrem Können. Aber: bei sehr vielen erschöpft sich damit schon ihr Beitrag zu KV 330. Alles ist blitzsauber und gekonnt vorgeführt. Man erlebt elegante Triller und Doppelschläge, brillante Läufe, die schnellen Sätze werden oft noch schneller gespielt als von Mozart vorgesehen, es geht ja so leicht von den Händen. Trotzdem kann dies nicht alles sein. Sind da nicht immer wieder Moll-Eintrübungen, chromatische Durchgänge, vor allem im 2. Satz? Müssen Wiederholungen, nicht ganze Abschnitte, sondern auch kurze Phrasen immer in der gleichen Manier gespielt werden? Wer diese Freiräume nicht entdeckt und dem Hörer mitteilt, spielt Mozart etwas eindimensional. Auch der Bassstimme, für die Klangbalance von großer Bedeutung, wird leider nicht immer die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Deshalb können folgende Pianisten/-innen m. E. nicht im Spitzenfeld platziert werden: Backhaus, Gieseking, Haskil, Lili Kraus, Seemann, Klien, Badura-Skoda, Larrocha, Barenboim, Fleisher, Pommier, Uchida, Pires (DGG-Aufnahme deutlich besser), Kocsis, Li und Lang. Dessen neue Aufnahme ist nur schön, bringt aber keine persönliche Note. Die österreichisch/amerikanische Pianistin Lili Kraus hat Mozarts sämtliche Klavierkonzerte sowie Sonaten, letztere sogar zweimal, aufgenommen. Kraus‘ Mozart-Spiel ist der Ästhetik der 1950er/1960er Jahre verhaftet: mit viel Spielfreude, Charme, Kantabilität, aber auch etwas glatt. Auch Vlado Perlemuters Spiel geht in diese Richtung. Bei Shura Cherkassky erleben wir einen spielerischen Umgang mit Mozarts Musik, immer bewegt und geschmackvoll, erstaunlich bei einem Pianisten, dessen Repertoire eher im romantisch-Virtuosen Genre angesiedelt ist.

 

Froh werde ich mit den Aufnahmen von Staier, Zitterbart, Gulda, Haebler und Brendel, letzterer bietet uns so etwas wie einen Mozart für Fortgeschrittene. Auch Arrau spielt eine durchdachte Interpretation, leider kam die Aufnahme für ihn/uns zu spät. Er ist um ein flüssiges Spiel bemüht, aber die Triller und Läufe kommen etwas schwerfällig und nicht immer egal, Ähnliches erlebt man bei Elli Ney. Horowitz bietet eine persönliche, wenn auch geschmäcklerische Darstellung: mal verzärtelt, mal kraftvoll gespielt, Einzelheiten werden wie mit dem Zeigefinger hervorgehoben, das Tempo ist wenig konstant. Auch Pletnjew geht in diese Richtung, aber er übertreibt: mit dem Tempo geht er recht frei um, am Ende einer Melodie oder Phrase wird gebremst, danach geht es schneller weiter. In den Takten 75–78 (Durchführung des 1. Satzes) wird der Hörer Zeuge einer kleinen Tragödie, wenn in Takt 78 steht die Musik fast stillsteht. Beim ersten Hören mag man dies als interessant empfinden, beim mehrmaligen aber auch langweilig, zumal die betreffende Stelle in der Reprise in derselben Manier gespielt wird. In Takt 135 des 3. Satzes fehlen die Töne g bis b des Eingangs.   

Clara Haskil spielte die Sonate KV 330 zu Beginn der 50er Jahre im Studio ein, danach brachte Orfeo den Mitschnitt eines Konzertes von den Salzburger Festspielen (1957) heraus. Der Interpretationsansatz ist ziemlich ähnlich, jedoch klingt die Salzburger Aufnahme heller und präsenter, im 2. Satz gefällt mir die langsamere Philips-Aufnahme besser.

Von Glenn Gould gibt es zwei recht unterschiedliche Aufnahmen. Während die erste (1958) noch recht klassisch daherkommt, manchmal traktiert er sein Instrument, als hätte er ein Hammerklavier unter den Händen, führt uns die zweite im 1. Satz ein Formel-1-Mozart vor, wer kann’s noch schneller? Im 3. Satz stört das Gehämmere der linken Hand doch sehr. Inzwischen hat auch Fazil Say eine Gesamtaufnahme von Mozarts Klaviersonaten vorgelegt. Bei der C-Dur-Sonate fällt ein etwas fester Anschlag auf, die Musik des Kopfsatzes wird teilweise wie marschmäßig dargestellt, die dynamische Differenzierung läuft auf Sparflamme. Die Gestaltung des Andantes wirkt auf mich irgendwie geschmäcklerisch. Das Finale spielt Say drauflos, das klingt sehr robust.

 

Das Angebot mit Aufnahmen auf Hammerflügel gespielt ist mittlerweile erweitert. Andreas Staier geht sehr phantasievoll mit dem Notentext um, ohne ihn zu verbiegen, Wiederholungen nutzt er zu Auszierungen und Schattierungen, die Klangfarben seines ausgezeichneten Hammerflügels unterstützen seine Interpretationsabsichten. Ähnlich zu Werke geht Gerrit Zitterbart in seiner neuen ausgezeichneten Aufnahme (eine mit Steinway ist schon länger auf dem Markt). Ronald Brautigam hat eine Gesamtaufnahme der Sonaten und Klaviervariationen vorgelegt. Er spielt natürlich, empfindsam aber auch kraftvoll zupackend. Kristian Bezuidenhaut zeichnet die unterschiedlichen Aggregatzustände der Musik nach, in den Ecksätzen wählt er erfrischende Tempi. Bei Wiederholungen bereichert er den Notentext mit zusätzlichen Auszierungen. Im 2. Satz gibt es eine Textabweichung, wenn er in Takt 7 bei der Wiederholung beim vierten Sechzehntel von 1 ein f statt ein a anschlägt. Arthur Schoonderwoerd atmet mit der Musik, immer wieder darf der Bass in das musikalische Geschehen eingreifen. Die Aufnahme klingt jedoch leicht hallig, das lenkt etwas von der Musik ab. Alexeï Lubimov wählt eher moderate Tempi, dabei kommen die zusätzlichen Verzierungen gut zur Geltung.

Die Instrumente von Semerjian und Schoonderwoerd können ihre Herkunft vom Cembalo nicht vergessen machen, während die von Leonhardt, Staier, Brautigam und Lubimov schon den modernen Flügel erahnen lassen. Zitterbarts Instrument liegt im Klang dazwischen.

 

Zu den Wiederholungen: Kaum ein Interpret befolgt alle, außer Say und Sermerijan.

Fast alle Interpreten wiederholen die Exposition des 1. Satzes, außer Backhaus, E. Fischer, Haskil (Orfeo), Leonhardt, Klien und Gould. Arrau, Pires (DG), Gulda und Zacharias bringen auch die zweite. Gulda, Brautigam und Semerjian spielen auch die Wiederholungen im letzten Satz. Bei Backhaus, E. Fischer, Klien und Gould fehlen alle Wiederholungen.

 

eingestellt am 05.02.06

 

letzte Ergänzung am 08.11.22

 

 

 

 

 

 

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