Das Klassik-Prisma |
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„Feuerwerksmusik“
Orchesterkonzert Nr. 26 HWV 351
Ouvertüre (Adagio, Allegro, Lentement, Allegro) – Bourrée – La Paix (Largo alla Siciliana) – La Réjouissance (Allegro) – Menuet I u. II
Die Feuerwerksmusik war vom englischen König George II. zu den Feierlichkeiten zum Abschluss des Aachener Friedens, der den Österreichischen Erbfolgekrieg beendete, beim damals berühmtesten Komponisten des Königreiches, George Frederic Handel, bestellt worden. Auf Befehl des Monarchen sollte die Musik nur für Militärinstrumente, also Trompeten, Hörnern, Oboen, Fagotten sowie Pauken geschrieben sein. Die Überlieferung spricht von über 100 Instrumentalisten am Aufführungstag.
In einer späteren Fassung überarbeitete Händel das überaus erfolgreiche Werk und passte es den „normalen“ Gegebenheiten an, d. h. die Bläser wurden erheblich reduziert und Streicher hinzugefügt. In dieser Version wird es bis heute gespielt. Im Jahre 1962 wurde im Bärenreiter Verlag von Hans Ferdinand Redlich eine Partitur veröffentlicht, die auf Händels überarbeitete Fassung zurückgreift. Diese enthält auch Vorschläge des Komponisten für eine abwechslungsreiche Besetzung der fünf kleineren Sätze.
In der Feuerwerksmusik begegnen uns die französisch geprägte Ouvertüre sowie die italienische Form des Concerto grosso, einmal in der Aneinanderreihung von Tanzsätzen im Anschluss an die Ouvertüre, andererseits in der Gegenüberstellung von Soloinstrumenten (Concertino) mit dem restlichen Orchester (Riprieno). Concertino und Riprieno treten in wechselnder Besetzung auf, in letzterem finden wir vor allem die Streicher. Durch eine geschickte Anordnung der Orchesterinstrumente erreicht Händel eine klanglich abwechslungsreiche Gestaltung der Partitur. Angaben zur Dynamik fehlen gänzlich.
Hinweise zu den einzelnen Sätzen:
Teil I, Ouvertüre D-Dur: Traditionell beginnt dieser Satz im französischen Stil in getragenem Tempo, ihm folgt ein schnellerer Allegro-Abschnitt. Händel lässt die Musik mit einer halben Note der tiefen Streicher und Bläser beginnen, das ist in der Tat etwas ungewöhnlich, in einigen Aufnahmen wird hier ein kurzer Wirbel der Pauke/Rührtrommel gebracht. Lorin Maazel war vielleicht etwas ratlos und ließ die halbe Note einfach weg. Der langsame Abschnitt endet T. 43, ihm folgt eine dreitaktige Kadenz von D-Dur nach A-Dur, hier ist die Fantasie der Ausführenden und des Dirigenten gefragt. Hervé Niquet schaltet eine Paukenkadenz davor, andere bringen ein kunstvolles Trompetensolo ein (Manze, Marriner, Lehmann, Münchinger, Maazel u. Orpheus CO). Kempe weiß mit diesen drei Kadenz-Takten nichts anzufangen und lässt sie weg! Das Wiederholungszeichen nach der Kadenz wird nur von Fritz Lehmann beachtet, folgerichtig lässt er nach der Wiederholung die Kadenz zum zweiten Mal erklingen. Hogwood, Manze und Savall setzen die Wiederholung schon vor der Kadenz an und bringen diese dann nach der Wiederholung. In allen anderen hier aufgeführten Aufnahmen bleibt die Wiederholung unbeachtet. Danach folgt das Allegro, am Ende fügt der Komponist nochmals einen kurzen langsamen Teil an (Lentement) und lässt danach das Allegro von vorne beginnen. Nach T. 116 ist der Satz dann vorbei.
Im folgenden Teil II wird an die Fantasie der Ausführenden in Bezug auf die Verwendung der Instrumente appelliert, Händel hat Vorschläge hinterlassen, andere Lösungen, sofern sie dem barocken Pracht-Empfinden dienten, wären ihm sicherlich auch willkommen gewesen, zu seinen Lebzeiten waren die Partituren noch nicht heilig.
Bourrée und La Paix: jeweils zwei Abschnitte mit Wiederholungen, dann noch mal dasselbe von vorn. Diese beiden Sätze lassen sich abwechslungsreich gestalten. Bei einigen Aufnahmen spielen bei der Wiederholung (W) der Teile andere Instrumente als zuvor, die Gesamt-W entfällt jedoch dann, so z. B. bei Kubelik, Koch und Münchinger.
La Réjouissance: Dieser Satz soll nach Händels Willen dreimal mit den obligatorischen W gespielt werden: I Trompeten, Pauken, Streicher, II Hörner und Oboen, III alle zusammen (Tutti), genau so bringen es z. B. die Musiker des Collegium aurem, Kubelik schafft nur zwei Durchgänge, Maazel nur einen!
Nun folgen noch zwei Menuette, das erste soll entsprechend der Bourrée ausgeführt werden, das zweite wie bei La Réjouissance, auch begegnet der Hörer wieder amputierten Fassungen. Einfallsreich agieren hier Leppard, Marriner, Niquet, Manze und Wenzinger , auch Münchinger, aber ohne W, indem sie die Menuette sich abwechseln lassen, beginnend mit Nr.2. Viele Interpreten bleiben bei der Ausführung der W inkonsequent.
Hier nun die untersuchten Aufnahmen:
Interpretationen in historischer Aufführungspraxis sowie mit Originalinstrumenten:
Pinnock |
The English Concert |
DGA |
1984 |
18‘22 |
5 |
I ohne W, A-Teil halbe Noten mit Pk und Rührtrommel, schneller B-Teil, barocke Klangpracht, II ansprechende Instrumentierung |
Niquet |
Le Concert Spirituel |
Glossa |
2002 |
16‘00 |
5 |
I anfangs ganz langer Wirbel der Pk, schnelleres Adagio, sowohl Crescendi als auch Terrassendynamik, helle Hörner, Intonation jedoch nicht ganz zufriedenstellend, II Klangpracht! – laut Booklet erste geschichtstreue Version mit u. a. je 9 Hörnern und Trompeten, 12 Fagotten, 24 Oboen uns 42 Streichern |
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Lamon |
Tafelmusik |
Sony |
1997 |
18‘57 |
4-5 |
I Anfang wie bei Pinnock, jedoch etwas weniger Pracht, langsameres Tempo, deshalb größerer Kontrast zwischen den beiden Teilen, II Instrumentierung weniger abwechslungsreich |
Hogwood |
The Academy of Ancient Music |
Decca |
1980 |
20’39 |
4-5 |
I A-Teil von Trompeten beherrscht, klangprächtig, II alle W, insgesamt zurückhaltender, nie übertrieben |
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Savall |
Le Concert des Nations |
Alia Vox |
P 2008 |
22‘44 |
4 |
I A: langsam schreitend, etwas gravitätisch, beim Zusammenspiel dominieren die Trp, bewegter B-Teil, II 2. W in den Menuettes nicht immer beachtet |
Manze |
La Stravaganza Köln |
Denon |
1992 |
22‘11 |
4 |
I anfangs langer Wirbel, T. 111-115 gestrichen, II Bourrée und La Paix nur als Pflicht, La Rejouissance abwechslungsreicher, auch mit Pk, Menuett ohne Schwung und ohne Auftrumpfen, etwas distanzierter |
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Collegium aureum |
DHM BASF Sony |
1970 |
22‘16 |
4 |
I Oboen besser in den Klang eingebunden als in anderen Aufnahmen, festliches Allegro, etwas behäbig, da fehlt der Pfeffer, II etwas brav, wenig Abwechslung |
Aufnahme nach der Originalfassung nur mit Bläsern:
Wenzinger |
Bläservereinigung der Archiv Produktion |
DGA |
1962 |
18‘10 |
4 |
Einzige Aufnahme in dieser Besetzung in meiner Sammlung, in Bezug auf Instrumentierung und diesbezgl. Klangfarben wenig abwechslungsreich, obwohl Wenzinger einer der ersten war, die sich mit der Erforschung der historischen Aufnahmepraxis beschäftigte |
Aufnahmen mit modernen Instrumenten:
Lehmann |
Berliner Philharmoniker |
DGA |
1952 |
26‘14 |
5 |
das Stilbewusstsein des Dirigenten tritt klar hervor, I Adagio fast schon Grave, II feierliches La Paix, alle W |
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Leppard |
English Chamber Orchestra |
Philips |
P 1971 |
21‘43 |
4-5 |
I Trp deutlich vor Hrn, Ob fast nicht zu hören, flottes Allegro, II abwechslungsreiche Darstellung, rhythmisch betont |
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Orpheus Chamber Orchestra |
DGG |
1990 |
18‘27 |
4-5 |
I Andandante con moto, flottes Allegro, federnd, II flotte Bourrée, differenzierte und abwechslungsreiche Darstellung, Verzierungen, insgesamt aber auch etwas mechanisch exakt |
Marriner |
Academy of St. Martin-in-the-Fields |
Decca |
1971 |
17‘09 |
4-5 |
gute Klangfarbendifferenzierung, Marriner weicht dabei oft von den vorgeschlagenen Instrumentationsvorschlägen ab, II festlich, Menuette weniger abwechslungsreich, insgesamt dominierende Trompeten |
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Münchinger |
Stuttgarter Kammerorchester |
Decca |
1981 |
16‘03 |
4 |
I Andante con moto statt Adagio, Hrn viel zu leise, etwas glatt, II La Rejouissance mit Trp bei der W, keine W in beiden Menuetten, insgesamt kurze Performance |
Stokowski |
RCA Victor Symphony Orchestra |
RCA |
1961 |
21‘08 |
4 |
I Adagio, mäßig schneller Allegro-Teil, etwas lahm, Musik läuft wie von selbst, II jeweils an den Enden übertriebene Ritardandi, La Paix schneller als Largo, abwechslungsreiche Gestaltung mit romantische Attitüde, bei der letzten W des Menuetts mit Untermalung von Feuerwerksgeräuschen; Stokowski der Theatraliker |
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Kempe |
Bamberger Symphoniker |
Electrola Testament |
1962 |
22‘15 |
3-4 |
I Adagio pomposo, schwerfälliges Allegro, leicht romantisierend, II Bourrée: Str etwas rau, La Paix: zu schnell, Feinheiten bleiben weitgehend unbeachtet, etwas wie darüber hinweg, La Rejouissance: könnte spritziger sein, Menuet I langsam, nur einmal – Kempes einzige Händel-Aufnahme |
Koch |
Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin |
Eterna Berlin Classics |
1974 |
19‘22 |
3-4 |
I Grave, etwas starr, II wenig abwechslungsreich |
Maazel |
Radio-Sinfonie-Orchester Berlin |
Philips |
P 1966 |
16‘51 |
3-4 |
I Allegro etwas hektisch, Selbstläufer, wenig Differenzierung, glatt gebügelt, II La Paix: Andante con moto, La Rejouissance: nur ein Durchgang mit Trompeten, insgesamt kurze Performance |
Kubelik |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1963 |
17‘15 |
3-4 |
insgesamt wenig klangliche Differenzierung, I Musik anfangs nicht so scharf gezeichnet, Intonation bei den Trp nicht immer top, II diese Sätze ohne W gespielt, auch hier: kurze Performance |
eingestellt am 20. 09. 2015